Personal der Wiener Privatkindergärten erneut auf der Straße

Personal der Wiener Privatkindergärten erneut auf der Straße
Die Einrichtungen bleiben am Dienstag zu. Nach Gewerkschaftsangaben haben sich 8.000 Teilnehmer versammelt.

Am Dienstag streiken wieder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der privaten Kindergärten und Horte sowie erstmals die schulischen Freizeitpädagogen in Wien.

Unter dem Motto "Es reicht!" bleiben heute die Einrichtungen bis 15.30 Uhr geschlossen. Ab 10 Uhr fanden die Versammlungen im öffentlichen Raum statt, am Heldenplatz ist eine große Abschlusskundgebung bis circa 14 Uhr geplant. 5.000 Teilnehmer wurden angemeldet, nach Gewerkschaftsangaben sind rund 8.000 Wiener Privatkindergarten-Mitarbeiter dem Aufruf zur Demo gefolgt.

Aufgrund der Demo sind Verkehrsverzögerungen einzuplanen:

"Der Streik ist eigentlich eine Fortsetzung der Betriebsversammlungen der großen privaten Kindergartenträger von Mitte Oktober vergangenen Jahres. Wir fordern mehr Personal und Geld für Mitarbeiter, die tagtäglich mit den Kindern in Kindergärten und Horten arbeiten", sagte Geschäftsführer der GPA Wien, Mario Ferrari, im KURIER-Gespräch.

"Die Elementarpädagogik ist sehr wesentlich für eine funktionierende Gesellschaft. Dazu braucht es auch gute Arbeitsbedingungen für die Kollegen draußen", fügte Ferrari hinzu. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Kindergärten haben vergangene Woche für mehr Geld und Personal mobil gemacht, über Tausend haben in mehreren Landeshauptstädten demonstriert. 

Der Frust über die aktuellen Rahmenbedingungen war bei manchen Demo-Teilnehmern am Dienstag merkbar groß: „Weniger Knirpse - mehr Knete“, „Wir sind sozial, aber nicht blöd“ oder „Wir brauchen mehr als leere Versprechen!“ war auf Schildern zu lesen. Auch zu wenig Wertschätzung war häufig Thema („Ich bin keine Basteltante, ich bin Bildungsbeauftragte!“).

Erschöpfung und Burnout

Der Arbeitsdruck und die Arbeitsverdichtung sind seit Jahren ein großes Thema, weshalb Erschöpfung und Burnout häufige Folgen sind: "Die Arbeitsbedingungen wurden sogar schlechter und die Unzufriedenheit der Kollegen stieg mit dem sich stets verdichteten Arbeitsdruck". 

Personal der Wiener Privatkindergärten erneut auf der Straße

Das Kindergarten-Personal fordert u. a. weniger Kinder pro Gruppe, einen besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel, eine einheitliche Ausbildung für Assistenzkräfte, ausreichend Vorbereitungs- und Nachbereitungszeit sowie bezahlte Reflexionszeit. Für all das seien auch mehr Ressourcen notwendig. Außerdem treten sie für einheitliche Strukturbedingungen durch ein Bundesrahmengesetz ein, derzeit sind die Kindergärten nämlich Ländersache.

„Die elementare Bildung ist seit Jahren systematisch unterfinanziert und die politisch Verantwortlichen schieben sich die Zuständigkeit gegenseitig zu. Wenn sich da nicht rasch etwas ändert, werden die heutigen Proteste sicher nicht die letzten sein!“, kündigte GPA-Vorsitzende Barbara Teiber.

Wien kündigt Sondertopf für private Trager an

Am Mittwoch soll im Wiener Gemeinderat erneut eine Corona-Sonderfinanzierung für die Privatkindergärten beschlossen werden, wie die Wiener SPÖ und die NEOS am Montag angekündigt haben. Nach 5,5 Mio. im Vorjahr sind es diesmal 14,8 Mio. Euro.

Die Privatkindergärten stellen zwei Drittel elementarpädagogischen Infrastruktur in Wien. Die angekündigte Sonderfinanzierung soll rückwirkend zur Abdeckung des Mehraufwands genutzt werden, der 2021 durch die Corona-Einschränkungen entstanden ist. Das betrifft einerseits zusätzlichen administrativen- und Personalaufwand (etwa Überstunden), aber auch eine Art Standortgarantie für jene Zeit, in der die Privatkindergärten durch weniger Kinder auch weniger Einnahmen hatten, hieß es auf APA-Anfrage von den Wiener NEOS.

Die NEOS würden die Anliegen der Elementarpädagoginnen gut verstehen, diese hätten vor allem auch in der Corona-Pandemie Enormes geleistet, betonte Klubobfrau Bettina Emmerling in der Aussendung. „Gerade deshalb investiert Wien auch weiter in den Qualitätsausbau der Kindergärten.“

Heuer gebe die Stadt 937 Mio. Euro für die Kindergärten aus, 2023 seien es erstmals über eine Milliarde Euro und damit das von Experten geforderte eine Prozent des BIP. Eine wesentliche Verbesserung für die Betreuungsqualität bedeute dabei die ab September gültige die Verdoppelung der Assistenzstunden in den Kindergartengruppen von 20 auf 40 Stunden pro Woche. Diese Maßnahme war übrigens kurz vor den letzten Kindergarten-Demos im Herbst verkündet worden.

„Es wird Zeit, dass der Bund endlich nachzieht“

„Wien macht seine Hausaufgaben - jetzt ist die Bundesregierung gefordert, den Kindergärten als wichtige erste Bildungseinrichtungen endlich entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen“, so Emmerling. Die Finanzausgleichs-Verhandlungen würden nun zeigen, ob ÖVP und Grüne tatsächlich an Verbesserungen interessiert sind.

„Es wird Zeit, dass der Bund endlich nachzieht“, betonte auch SPÖ-Bildungssprecherin Berger-Krotsch per Aussendung. „Seit der Pandemie hat sich die Last für die Pädagog*innen erhöht, aber seit zwei Jahren ignoriert der Bund die Verschärfung der Lage. Wer an den Kindern spart, spart an der falschen Stelle.“

Die Wiener ÖVP hat im Vorfeld der Demo der Privatkindergärten unterdessen erneut kritisiert, dass die Stadt systematisch private Kindergärten benachteilige. Wien zahle für einen städtischen Kindergartenplatz mehr als doppelt so viel wie für einen privaten, in privaten Kindergärten liege das Einstiegsgehalt rund 300 Euro unter jenen der Gemeinde. „Für gleiche Arbeit muss es die gleiche Bezahlung geben!“, betonte ÖVP-Wien-Bildungssprecher Harald Zierfuß.

Er forderte außerdem, dass Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in Wiens Kindergärten sorgen solle, die immerhin in die Zuständigkeit der Länder fallen. Es brauche einen Stufenplan für geringere Gruppengrößen und einen höheren Fachkraft-Kind-Schlüssel sowie adäquate Vorbereitungszeit.

Mit dem Corona-Hilfspaket sollen fast 67.000 private elementare Bildungsplätze und 10.000 Arbeitsplätze gesichert werden, erklärte SPÖ-Bildungssprecherin Nicole Berger-Krotsch.

71 Prozent der Kinder in privaten Kindergärten

In Wien werden 62.370 Kinder (etwa 71 Prozent) von Mitarbeitern, die bei privaten Trägern arbeiten, gefördert und ganztägig betreut. Die größten privaten Träger sind die Wiener Kinderfreunde, "Kinder in Wien", die St. Nikolausstiftung und Diakonie Bildung. Nach Angaben der GPA arbeiten im Bereich der schulischen Freizeitpädagogik in Wien mehr als 1.700 Pädagogen.

In Kärnten demonstriert zudem das Personal der öffentlichen Kindergärten. Unter dem Motto „Uns z'reißt's“ ist ein Demozug vom Klagenfurter Stadtgraben zum Gemeindebund angekündigt.

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