Alles unter einer weißen Kappe

Das blaue Kapperl verschwindet aus dem Wiener Stadtbild. Die sichtbarste Folge der Reform der Parkraumüberwachung, die am Samstag in Kraft tritt. Damit endet ein jahrelanger Kompetenzendschungel, der für Autofahrer schwer durchschaubar war. Bisher gab es 200 bei der Stadt beheimatete "Blaukappler", die die Entrichtung der Parkgebühren kontrollierten. Die 100 "Weißkappler" der Polizei waren für die Überwachung von Park- und Halteverboten oder die Einhaltung von Ladezonen zuständig.
Jetzt werden beide Truppen unter einer – weißen – Kappe zusammengeführt. Dienstrechtlich unterstehen die Beamten damit der Exekutive, ihren Sold erhalten sie aber von der Stadt.
Bis Oktober werden die Parkraumüberwacher auf insgesamt 420 Beamte aufgestockt. Mit gutem Grund: Am 1. Oktober wird das Parkpickerl auf fünf weitere Bezirke ausgeweitet, wie jetzt endgültig feststeht ( siehe rechts ).
Apropos mehr Arbeit: Künftig dürfen Weißkappler bei widerrechtlich abgestellten Autos eine Parkkralle anlegen. Das war bisher nur der Polizei gestattet. Diese Wegfahrsperre soll zum Einsatz kommen, wenn die Strafverfolgung des Lenkers ansonsten schwer möglich ist. Etwa bei Autos mit ausländischem Kennzeichen. "Durch die Zusammenlegung fällt eine Organisationsstruktur weg", betont Wolfgang Schererbauer von der Landesverkehrsabteilung der Polizei. Er hofft, dass die Parksheriffs damit auch vom Image der reinen "Abcasher" wegkommen. "Als Organe der Straßenaufsicht sind sie künftig ja auch erste Ansprechpartner, wenn es zu Verkehrsstörungen gibt."
SP-Bezirke bremsen

Von Störungen in der Kommunikation muss derzeit die Rede sein, wenn es um das rot-grüne Carsharing-Projekt geht, das ebenfalls am Samstag in eine neue Ausbaustufe tritt.
Am Donnerstag trafen Vertreter der 17 roten Bezirke mit Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (G) zusammen, um letzte Details zu besprechen. Wie berichtet sind die Autos des Anbieters Denzel (nunmehr Zipcar) mit Samstag nicht mehr nur in Tiefgaragen oder auf privaten Parkplätzen, sondern auch auf eigens reservierten Plätzen im öffentlichen Raum zu finden. 40 Standorte waren geplant. In den ersten Tagen dürften aber deutlich weniger Plätze zur Verfügung stehen. Immerhin legen sich alle Bezirke außer Neubau (G), Josefstadt und Währing (beide ÖVP) bei der Bereitstellung von Stellplätzen quer. "Wir sehen nicht ein, warum die Abstellplätze nur Zipcar allein vorbehalten sein sollen", sagt Renate Kaufmann, SP-Bezirkschefin in Mariahilf. "Außerdem sind Zipcar die von uns angebotenen Stellplätze nicht gut genug." In Mariahilf könne das Projekt deshalb nicht am Samstag starten. "Wir haben vereinbart, dass die Bezirke noch bis Mitte nächster Woche alternative Stellplätze vorschlagen können", heißt es im Büro von Vassilakou.
Jede 2. blaue Unterschrift ungültig

Über Wochen sammelten ÖVP- und FPÖ-Funktionäre sowie der ÖAMTC Unterschriften, um eine Volksbefragung zur Pickerl-Ausweitung zu erzwingen – 57.000 Unterschriften wären dafür nötig. Die Listen wurden länger: 150.046 Wiener sprachen sich gegen die Ausweitung aus. Wirklich 150.046 Wiener? Nicht ganz.
Dem KURIER liegt die Auswertung der vom Magistrat geprüften Listen vor. Schließlich darf nur unterschreiben, wer in Wien seinen Hauptwohnsitz hat. In Summe kamen die Beamten dabei auf 106.792 gültige Stimmen. Von den 119.247 von der ÖVP gesammelten Unterschriften sind 74,4 Prozent gültig. Von den 25.118 Unterschriften der FPÖ sind nur 13.835 verfassungskonform – fast jede zweite Unterschrift ist ungültig.
Bei der ÖVP heißt es: "Noch liegt uns der Bescheid nicht vor. Aber selbst 106.000 Unterschriften reichen für die Befragung völlig aus." Toni Mahdalik (FPÖ): "Wir haben 45.000 Unterschriften eingereicht." Dass die Hälfte ungültig sein soll, glaubt er nicht, "auch wenn wir wegen des Zeitdrucks nicht alle überprüft haben".
Wie geht’s weiter? Rot-Grün hat längst eine eigene (wohl harmlose) Volksbefragung für 2013 angekündigt. Die ÖVP wird – sobald der Negativ-Bescheid einlangt – dagegen berufen.
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