17-Jähriger als "kaltblütiger Mörder" angeklagt

Eine goldene Christusfigur hängt an einem Kreuz.
Scheren, Kochtopf, Skistock als Tatwaffen. Urteil: Acht Jahre Haft plus Einweisung.

Ein 35-jähriger Mann wurde in seiner Wohnung in Wien-Ottakring „kaltblütig hingerichtet“, „grausam ermordet“, „bestialisch umgebracht, bis er kein Lebenszeichen mehr von sich gab“ (Staatsanwältin). Tatwaffen waren Scheren, ein Kochtopf, eine Bratpfanne, ein Skistock, mit dem der Mann gepfählt wurde sowie eine Holzlatte, die dem Toten noch in der Hüfte steckte.

Nun hält man beim Mordprozess Ausschau nach einem kräftig gebauten Täter, dem die Brutalität aus dem Gesicht schaut. Man findet: einen 17-jährigen Burschen, der sich die langen Haare aus dem schmalen Gesicht streicht und eine 29-jährige schmächtige, verwirrte Frau.

Krankes Kind

Und man fragt sich: Diese beiden? Warum? Es gibt nur Ansätze einer Erklärung. Die Eltern des zur Tatzeit 16-jährigen Daniel ließen sich scheiden, noch bevor der Bub geboren war. Die Mutter schickte ihn im Schlafanzug zur Schule. In der zweiten Klasse Hauptschule brach er ab. Er wurde von einem der vielen Stiefväter misshandelt, wahrscheinlich auch missbraucht, machte Erfahrungen mit Drogen, kam ins Heim, absolvierte ein fragwürdiges sozialpädagogisches Projekt in Spanien. Es nützte alles nichts. Daniel – das „kranke Kind, nicht der kaltblütige Mörder“ (sein Verteidiger) – kam zurück, blieb sich selbst überlassen und tötete Andreas.

Den kannte er seit fünf Jahren. Aber als ihm Andreas erzählte, er habe ein sechsjähriges Mädchen vergewaltigt, „da, an der Stelle im Hof“, und Daniel dort Unterwäsche fand (die wahrscheinlich jemandem vom Balkon gefallen war), zuckte der 16-Jährige aus. Die Psychiaterin sagt, Daniels Verhalten sei „unvorhersehbar“. Bei der Polizei schilderte Daniel, er habe mit der Schere versucht, das Herz zu treffen.

Richterin Beate Matschnig fragt: „Was dachten Sie, was dann passiert?“ – „So etwas.“ – „Also dass der stirbt. War Ihnen das egal?“ – „Ich habe einen Hänger gehabt, ich konnte nicht aufhören.“

Die Freundin der Männer war beteiligt. Sie leidet an Schizophrenie und wurde zwei Tage vor der Tat mit dem Befund aus der Psychiatrie entlassen, es gehe von ihr „keine Gefährdung“ aus.

Acht Jahre Haft

Das Urteil für den angeklagten 17-Jährigen erfolgte Mittwochabend und lautete auf acht Jahre Haft. Der Jugendliche wurde darüber hinaus in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Der Schuldspruch im Sinne der Anklage fiel mit 5:3 Stimmen äußerst knapp aus.

Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Unterbringung der psychisch kranken 29-Jährigen im Maßnahmevollzug wurde demgegenüber von den Geschworenen einstimmig abgewiesen. Die laut Gutachten infolge einer paranoiden Schizophrenie zurechnungsunfähige Frau war dem Wahrspruch zufolge bei der Bluttat zwar zugegen, an den Tathandlungen allerdings nicht beteiligt. Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Der 17-Jährige nahm das Urteil an, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

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