Zu Tisch mit Papst Franziskus

Wenn die österreichischen Bischöfe heute, Montag, zum Ad-limina-Besuch beim katholischen Kirchenoberhaupt eintreffen, sind die Ergebnisse von Tausenden Einzelbefragungen mit im Gepäck. Das sind die Rückmeldungen der Gläubigen auf den vatikanischen Fragenbogen. Mehr als 34.000 heimische Katholiken beteiligten sich an der päpstlichen Umfrage zu Ehe und Familie. Die Fragebögen werden dem Generalsekretariat der Bischofssynode übergeben, das die Synode zur Familie vorbereitet. Nach dem Pontifikatswechsel sind die Erwartungen an eine grundlegende Kirchenreform groß.
Privataudienz
Zum Auftakt des fünftägigen Ad-limina-Besuchs in Rom feiern die Österreicher heute, Montag, eine Frühmesse im Petersdom. Im Anschluss werden die Bischöfe der Wiener Kirchenprovinz in Einzelaudienz von Papst Franziskus empfangen. Am Donnerstag dann die Audienz für Salzburgs Kirchenprovinz – mit dem neuen Erzbischof Franz Lackner. Der Höhepunkt des Besuchs ist danach ein Treffen des Papstes mit allen Mitgliedern der Bischofskonferenz.
Auf die Kirchenleute wartet in den kommenden Tagen ein dichtes Programm. In zahlreichen Gesprächen werden die Bischöfe engsten Mitarbeitern des Papstes einen Überblick über die Situation in Österreich geben. Die Würdenträger treffen dazu die für Glaubenslehre, Klerus, Ordensgemeinschaften, Gottesdienst und Bildung zuständigen Kongregationen.
Zu zaghaft
Kardinal Schönborn räumte in einem Gespräch ein, dass er und auch andere Bischöfe bisher zu zaghaft in Rom aufgetreten seien.

Von Kardinal Schönborn erwarten sich die Vertreter der Laieninitiative, dass er eine schnelle Lösung in der Frage der geschiedenen Wiederverheirateten anstößt. Gerade bei der Zulassung von erneut verheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten von Eucharistie und Buße war das Votum bei der Glaubensbefragung in Österreich eindeutig: 95 Prozent aller Teilnehmer sprachen sich dafür aus.
Laut Vatikanexperte Marco Politi will der Papst auf vieles eingehen: „Die Fragen, die jahrelang in Wien und im deutschsprachigen Raum aufgeworfen wurden, sind jetzt – wie man an der nächsten Synode ablesen kann – Teil des Programm des Pontifikats geworden. Franziskus will mit den Bischöfen der Welt Lösungen finden“, sagte Politi zum KURIER.
Tacheles
Um das zu forcieren, so der Wunsch der Reformbewegungen, sollen die Bischöfe diesmal Tacheles reden. Die Situation der Kirche in den Diözesen dürfe ebenfalls nicht beschönigt werden. „Die Seelsorge hat sich in vielen Pfarren durch die Zusammenlegung aufgehört. Priester werden gezwungen, mehrere Pfarreien zu übernehmen. Das schadet ihnen und den betroffenen Gemeinden“, kritisiert die Vize-Vorsitzende von „Wir sind Kirche“, Martha Heizer.
Vatikanbeobachter berichten, dass die bisherigen Ad-limina-Besuche bei Franziskus in entspannter Atmosphäre stattfanden: „Der Papst nimmt sich ausführlich Zeit, hört genau zu, es sind Treffen zwischen Freunden und Mitbrüdern, mit einem Austausch auf gleicher Augenhöhe.“
Die Chance ist groß, dass die österreichischen Bischöfe während ihres Rom-Aufenthalts auch außerhalb des offiziellen Programms dem Pontifex über den Weg laufen. Denn sie nächtigen im vatikanischen Gästehaus Santa Marta, in dem auch Franziskus wohnt. Jorge Mario Bergoglio genießt es, sein Mittagessen mit Gästen des Hauses einzunehmen. Der Besuch ist nicht nur von kirchenpolitischer Bedeutung, sondern hat auch Wallfahrtscharak-ter. In den römischen Hauptbasiliken San Giovanni in Laterano und Santa Maria Maggiore werden Gottesdienste gefeiert. Mit einer Messe in der Basilika St. Paul vor den Mauern geht der Besuch am Freitag zu Ende.
Die Bestimmungen in der katholischen Kirche sehen an sich verpflichtend vor, dass die Bischöfe eines Landes spätestens alle fünf Jahre dem Papst über die Situation in ihren Heimat-Kirchen direkt in Rom Bericht erstatten. Vom 27. bis 31. Jänner dieses Jahres informieren die heimischen Bischöfe Papst
Franziskus über die Lage in der Alpenrepublik. Zuletzt waren sie 2005 bei Papst Benedikt XVI. im Vatikan – die Fünf-Jahres-Frist wurde also erstreckt.
BegriffsklärungDer Begriff „ad limina“ stammt vom „Besuch bei den Türschwellen“ der Apostelgräber von Petrus und Paulus. Im Schnitt reisen jedes Jahr etwa 500 Bischöfe zu Ad-limina-Besuchen in den Vatikan.
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