Versorgungskrise: Maduro lässt Supermärkte besetzen

Lange Schlangen, leere Regale und verkürzte Öffnungszeiten: Die Wirtschaftskrise und der drückende Ölpreis machen den Alltag für viele Venezolaner zu einem Überlebenskampf. Vor Supermärkten, Apotheken und Elektrogeschäften bilden sich bereits im Morgengrauen lange Schlangen. Grundnahrungsmittel wie Milch, Butter und Mais sind in dem südamerikanischen Land ebenso wie Seife, Windeln oder Toilettenpapier zu knappen Gütern geworden. In den sozialen Medien werden Tipps ausgetauscht, wo bestimmte Produkte womöglich noch erhältlich sind. Durchschnittlich acht Stunden pro Woche verbringen Venezolaner inzwischen damit, von Geschäft zu Geschäft zu rennen, um Dinge des täglichen Bedarfs zu ergattern, wie das Institut Datanalisis herausfand. Auch der tägliche Gang zum Bankautomaten gehört für viele Menschen inzwischen zur Routine, während ihr Geld täglich an Kaufkraft verliert.

"Noch nie haben so viele Geschäfte früher geschlossen oder später geöffnet, weil sie keine Waren mehr anzubieten haben", erklärte Mauricio Tancredi, Präsident der Handelskammer Consecomercio. In der Krise ist sogar ein neuer Berufszweig entstanden: "Coleros" (abgeleitet vom spanischen Wort für Schlange, "cola") übernehmen die lästigen Einkaufstouren für Familien, die keine Zeit dafür haben, oder reiche Kunden, die es sich leisten können, andere dafür zu bezahlen. Andere stellen sich an und verkaufen ihren Platz in der Reihe später an andere Wartende.
Marsch der leeren Töpfe
Die, die es sich nicht leisten können, protestieren. Im Jänner gingen Tausende Menschen in Caracas gegen die Versorgungsengpässe auf die Straße. Beim "Marsch der leeren Töpfe" zogen die Venezolaner Krach schlagend durch die Stadt.
In dieser aufgeheizten Stimmung steht Präsident Nicolas Maduro relativ hilflos da. Er kündigte zwar an, den Mindestlohn um 15 Prozent zu erhöhen und Änderungen beim System der Wechselkurse für den Dollar vorzunehmen. Auch über eine Kürzung der Benzin-Subventionen müsse diskutiert werden. Doch er bedient sich auch einer Methode, die schon sein Vorgänger Hugo Chavez immer wieder nutzte: der Verschwörungstheorie. Maduro spricht von einem "Wirtschaftskrieg" und wirft Unternehmen vor, das Volk zu sabotieren und die Lebensmittel zu verstecken. Er erlaubt Soldaten künftig, bei einem Einsatz auf Demonstrationen Schusswaffen einzusetzen, wenn sie ihr Leben bedroht sehen - als Reaktion auf die schon vor einem Jahr großflächig hochgebrandeten Proteste im Land.
Vorwürfe gegen Manager
Und der Präsident ließ mehrere Manager einer Einzelhandelskette festnehmen - wegen Konspiration gegen das Volk. Sie sollen absichtlich die langen Warteschlangen vor den Geschäften verursacht haben, indem sie die Zahl der Mitarbeiter in den Geschäften verringert hätten. Zu guter Letzt ließ Maduro am Dienstag auch noch mehrere Geschäfte eines Unternehmens besetzen, weil diese angeblich Lebensmittel horten und so die Preise treiben.
Ob solche Schritte Maduro noch helfen, ist fraglich. Die Opposition sieht einmal mehr ihre Chance gekommen, Chavez' Kronprinz vom Thron zu stoßen. Maduro kommt in Umfragen nur noch auf eine Zustimmung von 22 Prozent. Drei Viertel der Venezolaner sind mit seiner Politik unzufrieden. Die nächste reguläre Wahl ist aber erst 2019 geplant.
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