USA

23 Milliarden Dollar für Kettenraucher-Witwe

Eine brennende Zigarette der Marke Lucky Strike mit Rauch.
Noch nie ging es in einem solchen Fall um eine derart hohe Summe. Der Konzern fechtet das Urteil an.

In den USA hat ein Gerichtsurteil für Aufsehen gesorgt. Ein Zigarettenhersteller wurde dazu verurteilt, der Witwe eines Kettenrauchers einen Schadenersatz von mehr als 23 Milliarden Dollar zu zahlen. Der Konzern fechtet das Urteil nun an.

Starker Raucher, Krebspatient

Cynthia Robinsons Ehemann Michael Johnson war ein starker Raucher. Bereits mit 13 Jahren soll er damit begonnen und über einen Zeitraum von 20 Jahren täglich bis zu drei Packerl Zigaretten konsumiert haben. 1996 starb der zweifache Vater im Alter von 36 Jahren an Lungenkrebs. "Er konnte nicht aufhören. Auch am Tag seines Todes rauchte er noch", sagte der Anwalt der Witwe.

2008 verklagte Robinson den US-Zigarettenhersteller R.J. Reynolds Tobacco Company. Ihr Vorwurf lautete, dass der Zigarettenhersteller die Gefahren des Rauchens und die Suchtgefahr seiner Produkte wissentlich verheimlicht habe.

Urteilsbegründung

Ein Geschworenengericht in Florida gab der Frau nach einem vierwöchigen Prozess und 18 Stunden Beratungszeit schließlich Recht und verurteilte R.J. Reynolds zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von 23,6 Milliarden Dollar.

Das Unternehmen habe nicht klargemacht, dass Nikotin süchtig mache und Zigaretten giftige Stoffe enthielten, berichtete die New York Times von dem Urteil. Die Geschworenen hätten sich anscheinend von den Beweismitteln überzeugen lassen, die gezeigt hätten, wie aggressiv R.J. Reynolds insbesondere bei jungen Leuten für seine Tabakprodukte geworben habe. Filmmaterial aus dem Jahr 1994 hätten das gezeigt: Darin behaupten Führungskräfte der Tabakindustrie, dass Rauchen weder Krebs verursacht noch dass es süchtig macht. 60 Jahre alte interne Dokumente dagegen belegen, dass man bei R.J. Reynolds wusste, dass das Gegenteil der Fall ist. "Sie haben den Kongress angelogen, sie haben die Öffentlichkeit angelogen, sie haben Raucher angelogen und Rauchern die Schuld gegeben", sagte der Anwalt von Robinson.

Klägerin überrascht

Als das Urteil verlesen wurde, erzählt Robinson der New York Times, habe sie zunächst "Millionen" verstanden ("millions") und sei deswegen bereits begeistert gewesen. Dann habe sie ihr Anwalt darüber informiert, dass es sich um "Milliarden" handele ("billions"). "Es war einfach unglaublich", sagte Robinson.

"Wir hoffen, dass das Urteil R.J. Reynolds und andere große Tabakkonzerne dazu bewegt, nicht länger die Leben unschuldiger Menschen in Gefahr zu bringen", ließ ein weiterer Anwalt von Robinson die Öffentlichkeit wissen.

Konzern fechtet Urteil an

Die jahrelange gerichtliche Auseinandersetzung dürfte auch nach dem Urteil weitergehen. Die R.J. Reynolds Tobacco Company Reynolds will das Urteil naturgemäß nicht anerkennen. Vizepräsident Raborn sagte der New York Times: "Die Höhe der zugesprochenen Schadensersatzsumme ist vollkommen übertrieben." Sie sei nach dem Verfassungsrecht auch nicht zulässig. Das Urteil sei völlig unangemessen und nicht mit den vorgelegten Beweisen vereinbar. Das Unternehmen wird das Urteil daher nun auch anfechten, und zeigt sich optimistisch: Die Geschworenen in nächster Instanz würden das "außer Kontrolle geratene Urteil" nicht annehmen, so Raborn.

Vergangene Berufungsverfahren

In der Vergangenheit konnten Tabakfirmen in Berufungsverfahren den Schadenersatz häufig drücken oder das Urteil sogar für nichtig erklären lassen. Der aktuelle Fall beschäftigt die Gerichte bereits seit Jahren. Ursprünglich war er Teil einer Sammelklage, die 1994 gegen Tabakfirmen eingereicht wurde. Im Jahr 2000 gestand eine Jury den Klägern insgesamt 145 Milliarden Dollar Schadenersatz zu. Doch 2006 verwarf das Oberste Gericht von Florida das Urteil. Die Sammelklage sei nichtig, jeder Raucher habe aus anderen Gründen geraucht. Gleichzeitig entschied das Oberste Gericht, dass die Kläger einzelne Klagen einreichen könnten. Robinson war eine von ihnen.

Im vergangenen Monat lehnte es das Oberste Gericht der USA ab, sich mit einer Reihe von Berufungsklagen von Tabakfirmen zu befassen. Die Unternehmen - allen voran R.J. Reynolds - wollten eine Reihe von Schadenersatzurteilen anfechten, die durch Gerichte in Florida verhängt worden waren. Insgesamt ging es um eine Summe von mehr als 70 Millionen Dollar (51,76 Mio. Euro).

Bekannter Markenproduzent

R.J. Reynolds Tobacco Company mit Sitz in Winston Salem in North Carolina wurde 1874 gegründet. Dabei handelt es sich um den zweitgrößten Tabakwaren-Produzenten in den USA. Von dem Unternehmen stammen bekannten Marken wie Camel, Pall Mall oder Natural American Spirit. Jährlich setzt der Konzern Milliarden Dollar um.

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