Ursachensuche nach Bali-Bruchlandung

Es sieht alles nach einer Routinelandung aus, als Pilot M. Ghazali am Samstag den Flughafen der indonesischen Ferieninsel Bali ansteuert. Anschnallen, Rückenlehnen hoch, die Stewardessen sind mit den Sicherheitshinweisen längst fertig. Ohne Vorwarnung plötzlich der harte Aufprall. Wasser dringt in die Maschine ein. An Bord bricht Panik aus. "Die Passagiere schrien vor Angst", sagte Insassin Andis später dem Sender TVOne.
Viele vergaßen die Schwimmwesten, wie Passagiere berichteten, und stürzten zu den Notausgängen. Eine Frau fiel vor Schreck in Ohnmacht. Wie durch ein Wunder kamen alle fast unversehrt über die Notrutschen ins Freie und konnten sich an das nahe Ufer retten. "Es gab keine Anzeichen, dass etwas nicht stimmte, und dann schlug die Maschine plötzlich auf dem Wasser auf", berichtete Passagierin Tantri Widiastuti bei Metro TV. Auch Fluglotse Tri Basuki erhielt nach eigenen Angaben keinerlei Vorwarnung des Piloten, dass etwas nicht stimmte.
Bei der spektakulären Bruchlandung im Meer kamen alle 108 Flugzeuginsassen mit einem Schrecken davon. Die Maschine des Billigfliegers Lion Air war am Samstag im Landeanflug auf die indonesische Insel, als sie plötzlich mit einem lautem Knall auf dem Wasser aufsetzte. Passagiere und Besatzung konnten sich alle an das nahe Ufer retten. Die Maschine brach in zwei Teile. Sieben Menschen waren am Sonntag noch im Krankenhaus.
Rätselraten über Unglücksursache
Über die Unglücksursache bei der nagelneuen Boeing 737 und guten Sichtverhältnissen herrscht Rätselraten. Ein böser Verdacht kommt auf: Seit 2011 sind nach Medienberichten mehrere Piloten des Billigfliegers Lion Air mit Aufputschmitteln erwischt und festgenommen worden, mit der synthetischen Droge Metamphetamin etwa. So etwas Ähnliches nahmen Piloten im Zweiten Weltkrieg, um die Konzentration zu schärfen. Sind die Piloten bei Lion Air, der größten privaten Airline Indonesiens, überarbeitet? Zwingt Pilotenmangel die Flugzeugführer zu längeren Schichten als gesund und sicher ist? Das glaubt Luftfahrtgesundheitsexperte Wawan Mulyawan. "Ich nehme an, der Pilot war wegen Überarbeitung übermüdet", sagte er Reportern.
Lion-Air-Direktor Edward Sirait wies das zurück. Piloten dürfen in einer Schicht bis zu fünfmal starten und landen. "Kapitän Ghazali war gesund und hatte seit dem Morgen vier Routen geflogen", sagte er auf einer Pressekonferenz. Doch niemand bestreitet, dass in Indonesien akuter Pilotenmangel herrscht. Bobby Mamahit, Personalentwicklungschef im Verkehrsministerium, glaubt, dass dies viele Piloten zu Überstunden zwingt, wie die Zeitung "Jakarta Globe" im Jänner berichtete. Da war gerade 30 Piloten vorübergehend die Lizenz entzogen worden, weil sie zu lange in der Luft waren.
Wachstumswelle
Das Luftfahrtgeschäft boomt in dem aufstrebenden Land: 240 Millionen Einwohner auf 17.000 Inseln über mehr als 5.000 Kilometer - das Wachstumspotenzial ist riesig. Die Mittelschicht wächst rasant, Billigflieger wie Lion Air machen das Fliegen plötzlich bezahlbar. Die Passagierzahl hat sich auf Inlandsflügen seit 2003 verdreifacht. Jedes Jahr werden 700 bis 800 neue Piloten benötigt, doch können die Flugschulen kaum ein Drittel davon ausbilden.
Lion Air selbst reitet auf der Wachstumswelle: Die Fluggesellschaft hat seit 2011 Milliardenaufträge für mehr als 450 neue Boeing- und Airbus-Maschinen erteilt und dürfte damit in wenigen Jahren zu den größten Airlines der Welt gehören. Die Airline steht wie die meisten indonesischen Fluggesellschaften auf einer schwarzen Liste der EU, so dass sie dort nicht zugelassen wäre. Allerdings flog die Gesellschaft nie nach Europa.
Zwischenfälle mit Lion Air
Nach Angaben der angesehenen Aviation-Savety-Network-Webseite, die weltweit sämtliche Flugunfälle dokumentiert, waren Lion-Air-Maschinen seit 2002 siebenmal in Zwischenfälle verwickelt. 2004 seien 25 von 164 Insassen umgekommen, als eine McDonnell Douglas Maschine in Solo auf Java im Regen über die Landebahn hinausschoss und in einen Friedhofszaun raste.
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