Tianjin: Verzweifelter Kampf gegen das Feuer

Ein Stapel brennender Container erzeugt dichten, schwarzen Rauch.
Zwei Tage nach der Explosion sind die Brände immer noch nicht gelöscht. Zahl der Toten auf 56 gestiegen.

Zwei Tage nach den verheerenden Explosionen in einem Gefahrgut-Lager der chinesischen Hafenstadt Tianjin wurden am Freitag noch immer Dutzende Menschen vermisst - und auch die Brände waren noch nicht gelöscht. Mehr als 200 Atom- und Chemieexperten des Militärs inspizierten seit Donnerstag das Unglücksgebiet. Es war aber weiterhin unklar, was die Explosionen auslöste.

Am späten Mittwochabend hatte sich in dem Lager in dem weitläufigen Hafengelände der Millionenstadt eine Serie gewaltiger Explosionen ereignet. Dabei waren nach jüngsten Behördenangaben mindestens 56 Menschen ums Leben gekommen, darunter 21 Feuerwehrleute, die zuvor einen Brand in der Anlage zu löschen versuchten. Mehr als 700 Menschen wurden in der Stadt verletzt, während die Explosionen das umliegende Industriegebiet Binhai verwüsteten.

Bilder vom Unglücksort

Nach einer Explosion liegen Trümmer und zerstörte Fahrzeuge in einem Industriegebiet.

Smoke rise from the site of the explosions at the
Ein riesiger Schrottplatz voller ausgebrannter Autowracks.

Damaged cars are seen near the site of the explosi
Ein großes Feuer mit Rauchwolken und Feuerwehrleuten im Einsatz.

Firefighters work at the site as smoke and fire ri
Ein gelber Bagger räumt Trümmer vor zerstörten Gebäuden auf.

Damaged buildings and cars are seen near the site
Ein Mann telefoniert mit Verletzungen vor einer zerstörten Stadt und Rauchwolken.

An injured man talks on his mobile phone at the si
Zwei Bagger räumen Trümmer und zerstörte Container nach einer Explosion weg.

Excavators work near the site of the explosions at
Verkehrsschilder stehen vor einer Rauchwolke, möglicherweise nach einer Explosion.

A damaged road sign is seen near the site of the e
Eine goldene Buddha-Statue steht vor einer zerbrochenen Windschutzscheibe.

A figurine of Maitreya Buddha is seen under a brok
Ein Mann beobachtet dichten Rauch, der über zerstörten Gebäuden aufsteigt.

A man looks at smoke pluming from the explosion si
Ein Haufen zerstörter, gestapelter Frachtcontainer mit Rauch im Hintergrund.

Smoke rise from container boxes near the site of

Vertreter der Behörden von Tianjin versicherten auf einer Pressekonferenz, sie wüssten nicht, welche gefährlichen Chemikalien auf dem Gelände lagerten. Der Arbeitsschutz-Verantwortliche Gao Huaiyou erinnerte daran, dass die Chemikalien stets nur für kurze Zeit dort gelagert würden und die Listen der Firma zerstört seien. Den Angaben des Managements aber sei nicht zu trauen, sie stimmten nicht mit den Zollerklärungen überein. Nach Angaben der "Volkszeitung" hatte bereits der Bau des Lagers "eindeutig" gegen die Sicherheitsbestimmungen verstoßen.

Die Zeitung Beijing News hatte berichtet, dass sich nach Angaben der Hersteller unter anderem mindestens 700 Tonnen Natriumcyanid in dem Lager befänden. Zudem sei die giftige Chemikalie in Abwasserproben in der Gegend nachgewiesen worden. Der Bericht war am Freitag nicht mehr über die Internetseite der Zeitung abrufbar.

Offenbar zensiert wurde auch der Bericht eines Feuerwehrmanns über die Einsatzbedingungen. Er hatte am Donnerstag der relativ unabhängigen Zeitung Nanfang Zhoumo erzählt, dass die ersten Kollegen von den Explosionen völlig überrascht worden seien. Sie hätten vor der ersten Detonation bereits mehr als zehn Minuten versucht, das Feuer mit Wasser zu löschen. Niemand hätte sie darüber informiert, dass dort gelagerte Chemikalien möglicherweise auf den Kontakt mit Wasser reagieren könnten. Auch dieser Bericht ist inzwischen wieder verschwunden.

Noch viele Vermisste

Umso stärker hoben die Medien die gute Nachricht hervor, dass ein 19-jähriger Feuerwehrmann lebend aus den Trümmern geborgen werden konnte. Zhou Ti werde wegen Brustverletzungen im Krankenhaus von Tianjin behandelt, sein Zustand sei stabil, teilte die Stadtverwaltung mit. Die Staatsmedien feierten den 19-Jährigen als Helden. Etliche seiner Kollegen wurden hingegen noch vermisst.

Rund tausend Feuerwehrleute versuchten auch am Freitag, die Brände in den Griff zu bekommen. An drei Stellen stieg weiter dichter Rauch auf. Er verschärfte die Sorge, dass weitere giftige Stoffe in die Luft oder ins Grundwasser gelangen könnten. Der Leiter von Tianjins Behörde für Umweltschutz, Wen Wurui, sagte hingegen, die Konzentration von Chemikalien sei nicht "übermäßig hoch".

Viele Einwohner der Millionenstadt fühlen sich mit ihren Ängsten allein gelassen. Sie trauen den Bekundungen der Behörden nicht, dass sie sicher seien. "Die Regierung hat nichts gesagt, nichts dazu, was wir tun sollten, um unsere Familien vor den Chemikalien zu schützen", sagte der Wachmann eines nahegelegenen Bürogebäudes, Liu Zongguang. Wie er es bei einigen Polizisten gesehen hatte, trägt auch Liu einen billigen OP-Mundschutz.

Ähnlich lauteten auch viele Kommentare im Internet. "Bitte seid ehrlich und sagt, was Ihr wisst", forderte ein Internetnutzer. Ein anderer kritisierte: "Nach jeder Katastrophe machen die Staatsmedien ihre Titelseiten mit heldenhaften Aktionen auf. Das rührt schließlich die Menschen - und niemand fragt mehr nach den Ursachen."

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