Tianjin: Fischsterben verunsichert Bevölkerung

Mehr als eine Woche nach dem Explosionsunglück im chinesischen Tianjin ist das ganze Ausmaß der Katastrophe immer noch nicht bekannt. Viele Menschen in der Zehn-Millionen-Metropole machen sich wegen giftiger Stoffe in Luft und Wasser Sorgen. Für zusätzliche Verunsicherung sorgen aber auch die Behörden, die mit Informationen nur zögerlich umgehen.
An die Ufer des Haihe-Flusses in der Stadt wurden nun große Mengen toter Fische angeschwemmt. Messungen der Fischereibehörden hätten ergeben, dass die Fische an Sauerstoffmangel verendet seien, berichtete die China Daily und veröffentlichte die Testergebnisse.
Experten erläuterten, hohe Schadstoffbelastungen im Wasser führten zu einem solchem Sauerstoffmangel. Das sei bei schlechter Wasserqualität im Sommer "nicht ungewöhnlich". Es seien keine schädlichen Zyanid-Werte im Wasser an der Stelle gefunden worden, wo die Fische mehrere Kilometer vom Explosionsort entfernt angeschwemmt wurden, berichtete das städtische Umweltamt.

Zyanid in Wasserprobe
In einer Wasserprobe an der Unglücksstelle hatten Prüfer allerdings am Donnerstag eine Konzentration von Zyanid festgestellt, die um das 356-Fache über dem Grenzwert lag, wie das Umweltministerium mitgeteilt hatte. An 19 von 26 Testpunkten rund um den Explosionsort wurde demnach Zyanid nachgewiesen.
Tierversuche
Da bereits kleinste Mengen des Stoffes tödlich sein können, stellten die Behörden in der Nähe des Explosionsortes Käfige mit Hasen, Meerschweinchen und Hühnern auf, um die Auswirkung der Umgebung auf die Tiere zu testen. Das Gift wird über die Haut und die Luft aufgenommen. Nach zwei Stunden sollen die Tiere alle noch am Leben gewesen sein.

Alle Toten identifiziert
Schwelbrände erschweren unterdessen nach wie vor die Suche nach 60 noch vermissten Opfern. Vier Brände flammten allein am Freitag auf, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Die Zahl der bestätigten Toten stieg auf 116.
Alle 116 Toten sind nach amtlichen Angaben anhand von Erbgut-Analysen identifiziert, darunter waren 65 Feuerwehrleute und sieben Polizisten. Unter den Vermissten sind außerdem 39 Brandbekämpfer und vier Polizeibeamte. In dem Hafenlager mit gefährlichen Chemikalien war es am 12. August nach einem Brand zu heftigen Explosionen gekommen, die in einem weiten Umkreis Verwüstungen anrichteten. Etwa 700 Personen wurden verletzt.

Sicherheitsinspektionen angeordnet
Als Reaktion auf die Katastrophe wurden landesweit Sicherheitsinspektionen angeordnet, die reihenweise Mängel aufdeckten. Allein in der Hauptstadt Peking wurden bei 85 von 124 untersuchten Unternehmen, die mit giftigen oder explosiven Chemikalien umgehen, Gefahren entdeckt, wie Xinhua schrieb. Die Behörden schlossen zwei Unternehmen. Aus Sicherheitsgründen vor der Samstag beginnenden Leichtathletik-Weltmeisterschaft und der Militärparade zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Asien am 3. September haben in Peking ohnehin alle Unternehmen, die giftige Chemikalien oder Explosivstoffe produzieren oder damit umgehen, vom 17. August bis 6. September den Betrieb einstellen müssen.
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