Spaghetti alla Mafia
Eine Pizza auf der Piazza Navona? Ein Espresso in der Via Veneto? Spaghetti alla Mafia?
Wer in Rom in ein Lokal einkehrt, könnte mit seinem Besuch die Mafia sponsern. „Das organisierte Verbrechen wäscht seit 15 Jahren im römischen Dienstleistungssektor, besonders in Restaurants, seine Gelder. Wir müssen dringend das lange vernachlässigte Problem angehen“, schlägt Staatsanwalt Giuseppe Cascini Alarm.
Die Ermittlungen der Antimafia-Behörden in Rom gleichen immer mehr einem „Gastronomieführer“: Denn die Liste an Restaurants, Pizzerien, Bars und Imbissbuden in jeder Preisklasse und in allen Stadtvierteln, die in Mafia-Händen sind, ist lang. Die „ Ristomafia AG“ biete für jeden Geschmack und für jede Brieftasche etwas, schreibt das Wochenmagazin l’Espresso ironisch. Die Gastronomiebetriebe werden laut Ermittlern zur Geldwäsche genutzt.
1,4 Milliarden Euro
In den vergangenen zweieinhalb Jahren haben die Finanzbehörden allein in Rom Mafia-Gelder in der Höhe von 1,4 Milliarden Euro beschlagnahmt. Mehr als die Hälfte der insgesamt 16 Unternehmen, die 2013 in der Region Latium beschlagnahmt wurden, sind Restaurant- und Hotelbetriebe. Die Zeiten, als sich die Mafia in abgelegenen Unterwelt-Kneipen, Bierlokalen und Nachtklubs im Stile des TV-Mafiabosses Tony Soprano traf, sind längst vorbei. Die kalabresische Ndrangheta und die kampanische Camorra haben längst die „salotti buoni“, die feinen Salons, im Zentrum der Hauptstadt erobert.
Das legendäre Café de Paris auf der Via Veneto, das in Federico Fellinis Film „La Dolce Vita“ zu sehen ist, war über Jahre fest in den Händen der Mafia. Nur wenige Schritte vom Regierungssitz Palazzo Chigi befand sich das Caffè Chigi. Politiker, Unternehmer und Journalisten trafen sich in dem eleganten Ambiente in Parlamentsnähe zum Mittagessen oder auf einen Espresso. Auch Touristen kamen auf ihren Stadttouren vorbei. Aber vor allem Mafiosi aus Kalabrien waren Stammkunden in der Kaffeebar. Heute steht das Lokal leer, nachdem es die Finanzbehörden beschlagnahmten.
Die Bar am Campo dei Fiori, die neapolitanische Pizzeria unweit der Piazza Navona, das Grandhotel mit Blick auf die Peterskuppel – sie alle wurden wegen Mafiaverbindungen geschlossen.
Während die heftigste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg immer mehr Lokalbetreiber in die Knie zwingt, macht die Mafia goldene Geschäfte. Laut Unternehmerverband Confesercenti gingen seit Jahresbeginn allein in Rom 417 Bars und Restaurants in Konkurs. Die Krise spielt der Mafia in die Hände. Laut Schätzungen hat in Rom und Mailand jedes fünfte Speiselokal kriminelle Besitzer. „Das organisierte Verbrechen investiert zunehmend in legale Gesellschaften mit Aktienbeteiligung und profitiert davon, dass krisengeschüttelte Unternehmen dringend liquide Geldmittel benötigen“, warnt Barbara Sargenti von der römischen Antimafia-Direktion.
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