Viel Lärm um Kirchenglocken

Nächtlicher Lärm durch Kirchenglocken – ein altes Thema sorgt in der Schweiz für neuen Zwist. Schon seit Jahren machen viele Anrainer in allen möglichen Gemeinden gegen das Glockengeläut mobil, was wiederum viele andere Bürger empört, die den Glockenschlag bewahrt wissen wollen. Nun kommt Bewegung in die Sache, wie der Tagesanzeiger in seiner Online-Ausgabe berichtet: In vielen Regionen werden die Glocken in der Nacht zum Verstummen gebracht. In Zürich etwa stellen immer mehr Kirchgemeinden – katholische ebenso wie evangelische – den nächtlichen Stundenschlag ihrer Glocken ab.
"Weltliches Läuten"
Nicolas Mori, Pressesprecher der evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich, hat Verständnis für lärmgeplagte Bürger. Die Kirche sei durch das Schweigen der Glocken in der Nacht "nicht existenzgefährdet", so Mori. Beim Stundenschlag handle es sich ja nicht um ein kultisches, sondern um ein weltliches Läuten, "das in keinem Zusammenhang zur religiösen Praxis steht", sagte Mori dem Tagesanzeiger. Man solle aber den Trend in den Städten nicht zu sehr verallgemeinern, "denn auf dem Land regt sich immer noch oft Widerstand, wenn es den Glocken an den Kragen gehen soll".
Doch die Kirchtürme mit Uhrschlag in der Nacht werden immer weniger. Denn auch andere Stadtkirchen haben ihren Glocken Nachtruhe verordnet, um die lärmgeplagten Anrainer nicht weiter zur erzürnen.
Lautes Glockengeläut hat schon häufig für Proteste gesorgt – auch in Österreich und Deutschland. Manche Fälle landen gar vor Gericht. 2012 etwa scheiterte ein Mann aus Baden-Württemberg mit seiner Klage gegen nächtliches Glockenläuten. Im tirolerischen Fließ hingegen ließ der Pfarrer vor wenigen Monaten die Kirchenglocken nachts verstummen – Touristen hatten sich über den Lärm beschwert. Die Aktion brachte dem Pfarrer von anderer Seite massive Kritik ein.
Im polnischen Lewin bei Lodz entzweite der Streit um die Kirchenglocken vor zwei Jahren ein ganzes Dorf: Anrainer protestierten gegen das alle 30 Minuten ertönende Glockenspiel – woraufhin der Pfarrer dazu überging, die Namen der Glocken-Gegner von der Kanzel zu verlesen. Er wollte nicht einmal ein Gerichtsurteil akzeptieren, das ihm untersagte, nachts die Glocken zu läuten. Wegen nächtlicher Ruhestörung wurde der Pfarrer schließlich zu 30 Stunden Sozialarbeit verurteilt.
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