"Schnapp ihn!": Zivilcourage verhindert Blutbad in Zug

Mehrere Personen stehen um eine am Boden liegende Person auf einem Bahnsteig.
Bewaffneter von US-Soldaten überwältigt. Opfer erhebt Vorwürfe gegen Personal. Attentäter identifiziert.

Purem Heldenmut dürfte es zu verdanken sein, dass ein blutiges Drama in einem französischen Schnellzug verhindert wurde: US-Soldaten haben zwischen Amsterdam und Paris einen schwer bewaffneten Mann überwältigt, der zuvor noch zwei Passagiere verletzt hatte. Der Täter war den Geheimdiensten wegen Terrorverbindungen bekannt. Belgiens Regierungschef Charles Michel sprach von einem "Terroranschlag", Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve sprach von islamistischem Hintergrund.

Der Mann schoss einen Passagier an, ein zweiter wurde mit einem Teppichmesser verletzt. Der Bewaffnete wurde von den beiden US-Soldaten überwältigt, die sich zufällig an Bord des Zuges befanden. Dabei handelt es sich um ein Mitglied der US-Luftwaffe sowie einen Angehörigen der Nationalgarde. Sie hatten gehört, wie der Mann in der Zugtoilette seine Waffen lud. Der Schütze war mit einem Kalaschnikow-Gewehr, einer Pistole, neun Magazinen und einem Teppichmesser bewaffnet.

Drei Männer posieren mit Medaillen vor einem orangefarbenen Hintergrund.
Anthony Sadler, from Pittsburg, California, Aleck Sharlatos from Roseburg, Oregon, and Chris Norman, a British man living in France (L-R), three men who helped to disarm an attacker on a train from Amsterdam to France, pose with medals they received for their bravery at a restaurant in Arras, France August 21, 2015. A machine gun-toting attacker wounded three people on a high-speed train in France on Friday before being overpowered by passengers who included an American soldier. The wounded were the soldier, French actor Jean-Hugues Anglade, and a Briton. Local media reported that U.S. Marines were among those who brought down the gunman. Officials said the attacker was arrested after the shooting when the Amsterdam to Paris train stopped at Arras station in northern France. REUTERS/Pascal Rossignol TPX IMAGES OF THE DAY

Anthony Sadler, Alek Sharlatos und Chris Norman aus Großbritannien wurden ausgezeichnet

Einer der beiden Helden aus dem Zug, Anthony Sadler, sagte CNN, er und seine Freunde Alek Skarlatos und Spencer Stone hätten beobachtet, wie der Angreifer mit einer Kalaschnikow aus einer Toilette gekommen sei. Daraufhin seien sie sofort eingeschritten. "Mein Freund Alek rief 'Schnapp ihn!', woraufhin mein Freund Spencer sofort aufsprang, um den Typ zu überwältigen, gefolgt von Alek und mir", berichtete Sadler. "Wir drei haben den Typ zusammengeschlagen, wobei Spencer mehrmals mit dem Teppichmesser geschnitten wurde, und Alek nahm die Kalaschnikow weg“.

Anschließend habe er den Angreifer mit Hilfe eines weiteren Passagiers gefesselt. Dann habe er einen Mann mit einem Schnitt an der Kehle entdeckt, woraufhin sein Freund Stone begonnen habe, die Wunde zu behandeln. CNN hat auch ein Video veröffentlicht, das Szenen nach den Schüssen in einem Thalys-Zug zeigt. Darauf ist zu sehen, wie ein Mann mit nacktem Oberkörper am Boden liegt, seine Hände sind auf dem Rücken gefesselt. Ein weiterer mitreisender US-Amerikaner hatte geholfen, den Angreifer zu überwältigen. Auch ein 62 Jahre alter Brite schritt ein.

Im Zug überwältigt

Obama: "Heldenhafte Tat"

Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve lobte die US-Soldaten für ihre "Kaltblütigkeit" und ihren Mut. Sie hätten ein möglicherweise "schreckliches Drama" verhindert. Auch US-Präsident Barack Obama dankte ihnen für ihren Mut und ihre schnelle Reaktion. "Ihre heldenhafte Tat hat möglicherweise eine viel schlimmere Tragödie verhindert", erklärte er.

Verdächtiger war Geheimdiensten bekannt

Der Verdächtige wurde am Bahnhof im nordfranzösischen Arras festgenommen und Samstagabend formal identifiziert: Es handle sich um einen Marokkaner namens Ayoub El Khazzani, der von den spanischen Geheimdiensten als radikaler Islamist eingestuft worden sei. Der 25 Jahre alte Mann sei anhand verschiedener Elemente identifiziert worden, darunter seinen digitalen Fingerabdrücken. Der Polizeigewahrsam für den mutmaßlichen Attentäter wurde am Abend verlängert.

Nach Angaben der spanischen Ermittler lebte El Khazzani sieben Jahre lang in Spanien - zunächst in Madrid, dann bis 2014 in Algeciras, dann sei er über Frankreich ins Bürgerkriegsland Syrien gereist. Am 10. Mai hielt er sich nach Erkenntnissen der französischen Behörden in Berlin auf. Von hier aus sei er in die Türkei geflogen, nach seiner Rückkehr habe er dann in Belgien gewohnt.

Schauspieler erhebt Vorwürfe

Ein Mann mit Bart und Anzug blickt nachdenklich nach oben.
epa04759186 French actor Jean-Hugues Anglade arrives for the screening of 'Je Suis Un Soldat' (I Am A Soldier) during the 68th annual Cannes Film Festival, in Cannes, France, 20 May 2015. The movie is presented in the section Un Certain Regard of the festival which runs from 13 to 24 May. EPA/SEBASTIEN NOGIER
Bei dem Vorfall wurde auch der französische Schauspieler Jean-Hugues Anglade leicht verletzt. Der aus dem Kultfilm "Betty Blue" bekannte Darsteller verletzte sich demnach, als er den Zugalarm auslösen wollte.

Später erhob Anglade schwere Vorwürfe gegen das Bahnpersonal. Als an Bord Panik ausgebrochen sei, hätten sich mehrere Mitarbeiter in einem speziellen Abteil verschanzt und die übrigen Passagiere ausgesperrt, sagte er dem Magazin " Paris Match".

"Der Schütze war wenige Meter von uns entfernt im Waggon Nummer zwölf", berichtete der 60-Jährige. Er habe zusammen mit seinen beiden Kindern und seiner Lebensgefährtin im benachbarten Abteil gesessen, dem hintersten Personenwaggon des Zuges. "Der bewaffnete Mann bewegte sich in unsere Richtung, er war entschlossen. Ich habe gedacht, das ist das Ende, wir müssen alle sterben."

Eine Karte zeigt die Route des Thalys-Zuges von Amsterdam nach Paris, wo ein Terroranschlag stattfand.
Lokalisierungskarte Grafik 0972-15-Terrorismus.ai, Format 88 x 55 mm

Kommentare