"Schnapp ihn!": Zivilcourage verhindert Blutbad in Zug

Purem Heldenmut dürfte es zu verdanken sein, dass ein blutiges Drama in einem französischen Schnellzug verhindert wurde: US-Soldaten haben zwischen Amsterdam und Paris einen schwer bewaffneten Mann überwältigt, der zuvor noch zwei Passagiere verletzt hatte. Der Täter war den Geheimdiensten wegen Terrorverbindungen bekannt. Belgiens Regierungschef Charles Michel sprach von einem "Terroranschlag", Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve sprach von islamistischem Hintergrund.
Der Mann schoss einen Passagier an, ein zweiter wurde mit einem Teppichmesser verletzt. Der Bewaffnete wurde von den beiden US-Soldaten überwältigt, die sich zufällig an Bord des Zuges befanden. Dabei handelt es sich um ein Mitglied der US-Luftwaffe sowie einen Angehörigen der Nationalgarde. Sie hatten gehört, wie der Mann in der Zugtoilette seine Waffen lud. Der Schütze war mit einem Kalaschnikow-Gewehr, einer Pistole, neun Magazinen und einem Teppichmesser bewaffnet.

Anthony Sadler, Alek Sharlatos und Chris Norman aus Großbritannien wurden ausgezeichnet
Einer der beiden Helden aus dem Zug, Anthony Sadler, sagte CNN, er und seine Freunde Alek Skarlatos und Spencer Stone hätten beobachtet, wie der Angreifer mit einer Kalaschnikow aus einer Toilette gekommen sei. Daraufhin seien sie sofort eingeschritten. "Mein Freund Alek rief 'Schnapp ihn!', woraufhin mein Freund Spencer sofort aufsprang, um den Typ zu überwältigen, gefolgt von Alek und mir", berichtete Sadler. "Wir drei haben den Typ zusammengeschlagen, wobei Spencer mehrmals mit dem Teppichmesser geschnitten wurde, und Alek nahm die Kalaschnikow weg“.
Anschließend habe er den Angreifer mit Hilfe eines weiteren Passagiers gefesselt. Dann habe er einen Mann mit einem Schnitt an der Kehle entdeckt, woraufhin sein Freund Stone begonnen habe, die Wunde zu behandeln. CNN hat auch ein Video veröffentlicht, das Szenen nach den Schüssen in einem Thalys-Zug zeigt. Darauf ist zu sehen, wie ein Mann mit nacktem Oberkörper am Boden liegt, seine Hände sind auf dem Rücken gefesselt. Ein weiterer mitreisender US-Amerikaner hatte geholfen, den Angreifer zu überwältigen. Auch ein 62 Jahre alter Brite schritt ein.
Im Zug überwältigt
Obama: "Heldenhafte Tat"
Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve lobte die US-Soldaten für ihre "Kaltblütigkeit" und ihren Mut. Sie hätten ein möglicherweise "schreckliches Drama" verhindert. Auch US-Präsident Barack Obama dankte ihnen für ihren Mut und ihre schnelle Reaktion. "Ihre heldenhafte Tat hat möglicherweise eine viel schlimmere Tragödie verhindert", erklärte er.
Verdächtiger war Geheimdiensten bekannt
Der Verdächtige wurde am Bahnhof im nordfranzösischen Arras festgenommen und Samstagabend formal identifiziert: Es handle sich um einen Marokkaner namens Ayoub El Khazzani, der von den spanischen Geheimdiensten als radikaler Islamist eingestuft worden sei. Der 25 Jahre alte Mann sei anhand verschiedener Elemente identifiziert worden, darunter seinen digitalen Fingerabdrücken. Der Polizeigewahrsam für den mutmaßlichen Attentäter wurde am Abend verlängert.
Nach Angaben der spanischen Ermittler lebte El Khazzani sieben Jahre lang in Spanien - zunächst in Madrid, dann bis 2014 in Algeciras, dann sei er über Frankreich ins Bürgerkriegsland Syrien gereist. Am 10. Mai hielt er sich nach Erkenntnissen der französischen Behörden in Berlin auf. Von hier aus sei er in die Türkei geflogen, nach seiner Rückkehr habe er dann in Belgien gewohnt.
Schauspieler erhebt Vorwürfe

Später erhob Anglade schwere Vorwürfe gegen das Bahnpersonal. Als an Bord Panik ausgebrochen sei, hätten sich mehrere Mitarbeiter in einem speziellen Abteil verschanzt und die übrigen Passagiere ausgesperrt, sagte er dem Magazin " Paris Match".
"Der Schütze war wenige Meter von uns entfernt im Waggon Nummer zwölf", berichtete der 60-Jährige. Er habe zusammen mit seinen beiden Kindern und seiner Lebensgefährtin im benachbarten Abteil gesessen, dem hintersten Personenwaggon des Zuges. "Der bewaffnete Mann bewegte sich in unsere Richtung, er war entschlossen. Ich habe gedacht, das ist das Ende, wir müssen alle sterben."

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