Schiffsunglück am Jangtse: Hoffnung schwindet

Mehrere Personen in Schutzanzügen tragen eine Trage durch schlammiges Gelände.
Schlechtwetter erschwert den Rettungseinsatz. Erst 14 Personen lebend geborgen, mehr als 400 Vermisste.

Nach der Schiffskatastrophe mit mehr als 400 Vermissten auf dem Jangtse in Zentralchina sind die Hoffnungen geschwunden, noch Überlebende zu finden. Trotz einer groß angelegten Bergungsaktion konnten auch mehr als 40 Stunden nach dem Unglück erst 19 Leichen geborgen werden. Nur 14 Überlebende wurden gerettet.

Die Bergungsarbeiten waren schwierig. In Zweier- oder Vierergruppen suchten Taucher im Inneren des Schiffes nach Opfern. Die Sicht war wegen des trüben Wassers auch mit starken Scheinwerfern extrem schlecht, wie Verantwortliche erklärten. Heftige Strömung und niedrige Wassertemperaturen erschwerten die Suche. Vielfach konnten sich die Taucher nur tastend fortbewegen.

Eine Karte von China, die den Ort eines Schiffsunglücks auf dem Jangtse zeigt, bei dem eine Fähre sank.

Zwei Bergungsschiffe sollten das 76 Meter lange Touristenschiff "Stern des Orients" anheben. Es liegt bei Jianli in der Provinz Hubei kieloben in mehr als zehn Meter tiefem Wasser. An Bord waren 456 Menschen - außer 405 Touristen noch fünf Reiseführer und 46 Besatzungsmitglieder. Die Passagiere waren meist ältere Leute, die eine elftägige Tour von Nanjing in Ostchina nach Chongqing im Südwesten machten und unterwegs historische Stätten besuchten.

Zensurierte Diskussion im Internet

Es mehrten sich kritische Stimmen im Internet, die Chinas Zensur aber streichen ließ. "Warum sind so wenig Menschen gerettet worden? Warum kenterte das Schiff und warum wurden der Kapitän und ein Besatzungsmitglied gerettet?", lautete ein gelöschter Beitrag, der von der Aktionsgruppe Free Weibo wiederhergestellt wurde. "Warum gab es keinen Notruf? Wer hat die Verantwortung, das Schiff zu stoppen, wenn es mit Wind und Regen konfrontiert ist?"

Häufig wurde diskutiert, wie ausgerechnet der Kapitän und der Chefingenieur zu den Überlebenden gehören konnten. Auch nach chinesischem Recht muss der oberste Schiffsführer im Notfall jede etwaige Evakuierung koordinieren und als letzter von Bord gehen. Es wurde auch darauf verwiesen, dass das Unglück sehr schnell passierte und es möglicherweise keine Zeit für Notaktionen gab.

Chinesische Medien durften nicht selber Reporter an den Unfallort entsenden, sondern mussten Berichte der Staatsagentur Xinhua nachdrucken. Auch durften sie nicht selber kommentieren.

Unklar war, warum das Schiff trotz des schlechten Wetters am Montagabend weiter gefahren ist. Satellitenaufnahmen hatten gezeigt, dass das Unglücksschiff um 21.20 Uhr plötzlich eine scharfe Wendung gemacht hat, bevor es zehn Minuten später gesunken ist, wie die Hongkonger Zeitung South China Morning Post berichtete.

Tornado bestätigt

Der Kapitän und Chefingenieur sind in Gewahrsam der Polizei. Beide beschrieben einen Tornado, der das Schiff in Schieflage und in "ein bis zwei Minuten" zum Kentern gebracht habe. Das Wetteramt bestätigte, dass es zu der Zeit in dem Gebiet einen Tornado über 15 bis 20 Minuten gegeben habe. Gegen den Kapitän wurden bisher keine Vorwürfe erhoben, doch gibt es viele Fragen über den Unfall. Die Ermittlungen laufen.

Unklar war, warum das Schiff trotz des schlechten Wetters weiter gefahren ist. So hatte ein anderes Schiff, das zu gleichen Zeit den Hafen verlassen hatte, angesichts des Sturmes seine Fahrt bei Chibi gestoppt, wie die Hongkonger Zeitung South China Morning Post berichtete. Auch hätten Satellitenaufnahmen gezeigt, dass das Unglücksschiff um 21.20 Uhr plötzlich eine scharfe Wendung gemacht habe, bevor es zehn Minuten später gesunken sei.

Um den Wasserpegel für die Bergungsarbeiten zu verringern, wurde der Abfluss des Drei-Schluchten-Dammes weiter flussaufwärts gedrosselt. Schlechtes Wetter und die komplizierte Baustruktur des Schiffes erschwerten die Bergung. Zu den wenigen Überlebenden gehören eine 65 Jahre alte Frau und ein 21 Jahre alter Mann, die in Luftblasen überlebten und von Tauchern mit Hilfe von Atemgeräten aus dem Wasser gerettet werden konnten.

Papst betete für Opfer

Papst Franziskus sprach den Betroffenen des Schiffsunglücks sein Mitgefühl aus. "Ich drücke dem chinesischen Volk in diesem schwierigen Moment meine Nähe aus", sagte der Papst bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom. Er bete für die Opfer, für deren Familien und für alle, die bei der Rettung beteiligt seien.

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