Rio+20: Das soll der Klimagipfel bringen

20 Jahre nach dem Weltnachhaltigkeitsgipfel von 1992 versammeln sich die Staats- und Regierungschefs am Mittwoch kommender Woche erneut in Rio de Janeiro, doch wirkliche Geburtstagsstimmung gibt es nicht. Die meisten der damals formulierten Umwelt- und Entwicklungsziele wurden nicht erreicht, die Treibhausgasemissionen, die zumindest stabilisiert werden sollten, stiegen weltweit um rund 40 Prozent.
Am 20. Juni beginnt der Gipfel, doch die Voraussetzungen für einen Erfolg scheinen ungünstig. Die wichtigen G-20-Staaten haben in erster Linie die Finanzkrise auf der Agenda. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, einst als "Klimakanzlerin" gefeiert, lässt sich beim Rio plus 20-Gipfel von Umweltminister Peter Altmaier und Entwicklungsminister Dirk Niebel vertreten. Die Wirtschaftskrise sei dafür "keine Entschuldigung", äußerte sich der Leiter der brasilianischen Umweltbehörde, Chico Mendes, verärgert.
Offizielle Linie der EU ist, in Rio "anspruchsvolle Ergebnisse" zu erreichen: "Nachhaltigkeit für alle" ist das Motto.
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Teilnehmer: Es werden etwa 115 Staats- und Regierungschefs sowie zahlreiche Minister erwartet. Österreich ist durch Umweltminister Nikolaus Berlakovich und Staatssekretär Wolfgang Waldner vertreten.
Programm: Bereits seit Monaten wird versucht, vor allem in drei Themenbereichen die angestrebten Gipfelbeschlüsse vorzubereiten: Weichenstellungen für eine "Grüne Wirtschaft", eine Stärkung der UN-Institutionen für Umwelt und Entwicklung sowie die Formulierung neuer Nachhaltigkeitsziele. Sie sollen auch die 2015 auslaufenden entwicklungspolitischen Millenniumsziele fortschreiben und ergänzen.
Grüne Wirtschaft: Unter diesem Schlagwort ist eine Wirtschaftsweise gemeint, die sich am Ziel der Nachhaltigkeit und am Schutz von Umwelt und Klima orientiert. "Grünes Wachstum" ist dabei das Motto, das den bisher häufig geltenden Gegensatz zwischen Umwelt- und Wirtschaftspolitik aufheben soll. Gemeint sind zum Beispiel mehr Energieeffizienz oder der sorgsamere Umgang mit Ressourcen.
Das Problem ist, dass die Beteiligten darunter oft Unterschiedliches verstehen, viele Schwellen- und Entwicklungsländer etwa vorrangig eine Förderung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, andere den weiteren Ausbau von Biotreibstoffen. Kritiker befürchten eine Ökonomisierung der Umweltpolitik, was für Klima- und Naturschutz mehr schaden als nutzen könnte.

Nachhaltigkeitsziele: Die Hoffnung auf ein Aufbruchssignal verbindet sich vor allem mit den Nachhaltigkeitszielen. Sie sollen möglichst griffig für alle Staaten Zielvorgaben beispielsweise zu den Themen Wasser, Energie, Landwirtschaft, Wüstenbekämpfung oder Artenvielfalt formulieren. Zwar sollen die etwa zehn bis 15 geplanten Ziele nicht rechtlich bindend sein. Sie könnten aber weltweit als Messlatte dienen, so wie das Millenniumsziel, wonach alle Industriestaaten ab 2015 jährlich 0,7 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Entwicklungshilfe ausgeben sollen.
Reform der Institutionen: Die angestrebten institutionellen Reformen sollen zwei Problemen begegnen. Das für die Umweltfragen zuständige UN-Umweltprogramm ( UNEP) ist in der UN-Hierarchie relativ niedrig angesiedelt - verglichen beispielsweise mit der Welthandelsorganisation WTO. Außerdem sind für Umweltfragen auch noch die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC), die Biodiversitätskonvention (CBD) und weitere Institutionen zuständig. Ziel der EU ist daher eine Aufwertung und Bündelung der Kräfte in einer eigenständigen UN-Umweltorganisation "UNEO". Dies lehnen jedoch die USA und einige weitere Staaten als zu ökolastig ab.
Als wenig effektiv gilt auch der nach dem Rio-Gipfel von 1992 eingerichtete Rat für nachhaltige Entwicklung (CSD), ein Untergremium des auch schon wenig beachteten UN-Wirtschafts- und Sozialrats ECOSOC. Der CSD könnte in Rio durch einen neuen Nachhaltigkeitsrat ersetzt werden, der direkt an die UN-Generalversammlung angebunden wird. Darüber hinaus könnte ein eigener UN-Sonderbeauftragter - nach dem Vorbild etwa des Hochkommissars für Menschenrechte - dem Thema Nachhaltigkeit auf UN-Ebene ein Gesicht geben.
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