Revolution aus Rom

Papst Franziskus will wissen, was seine Basis denkt: Anderswo Alltag, im Vatikan eine Sensation.

Schon bei seiner Inauguration blitzten die Zeremonienmeister mit den üblichen spitzenbesetzten Prunkornaten ab: „Lasst diese römischen Faschingskostüme bleiben.“ Verbindlich im Ton, aber bestimmt in der Sache übernahm im März Papst Franziskus die Führung der krisengebeutelten römisch-katholischen Kirche. Kontrastreiche Szenen prägen auch sein erstes Erscheinungsbild: Statt der päpstlichen Gemächer bezieht er ein Zimmer im Gästehaus. Statt im kleinen Kreis zu dinieren, bevorzugt er die Gäste-Kantine. „Im ersten halben Jahr wird er sich alles in Ruhe anschauen. Dann wird er den Apparat so umbauen, dass bald kein Stein auf dem anderen bleibt“, prophezeite ein Papst-Intimus am Rande der Inauguration dem Autor.

In der Tat: An die Spitze der Kurie berief Franziskus einen, der offen über den Zölibat reden will. Jetzt will der Vatikan mit ausdrücklichem Segen des Papstes ein Bündel von Dauer-Ärgernissen zwischen römischer Lehre und weltlicher Praxis ins Visier nehmen: Verhütung, Homo-Ehe und Geschiedene. Dieser Tage ging ein Fragebogen an alle Bischöfe – mit dem Auftrag, auch die Meinung der Gläubigen zu diesen ewigen Streitfragen einzuholen.

Den Wunsch nach mehr Mitsprache gab es schon bisher. In Österreich noch gut in Erinnerung ist das Kirchenvolksbegehren nach der Affäre Groër, das von mehr als einer halben Million Katholiken unterzeichnet wurde. Gutgläubige Reform-Initiativen wie diese versandeten in Frust, weil sie im Vatikan nicht einmal ignoriert wurden.

Für Außenstehende mag Franziskus’ Fragenkatalog nicht mehr als eine etwas umständlich formulierte Meinungsumfrage sein. Für die Kirche ist die erste weltweite Kirchenvolksbefragung eine Revolution von oben – initiiert von einem Papst, der verspricht, noch für viele positive Überraschungen gut zu sein.

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