Pressestimmen zu Schüssen auf Polizisten in Dallas

Internationale Pressekommentare befassen sich am Samstag mit den tödlichen Schüssen auf Polizisten in Dallas.

Medien aus anderen Ländern versuchen Erklärungsversuche und Lösungsansätze nach den Schießereien in Dallas zu liefern. Hier eine Auswahl:

Londoner "Independent":

"Man könnte meinen, Amerika sei ein Sonderfall mit seiner Geschichte von Rassenkonflikten und dem weitverbreiteten Waffenbesitz. Doch Beispiele ähnlicher Ereignisse in anderen Teilen der Welt zeigen, dass die USA in dieser Hinsicht nicht ganz so einzigartig sind. Allerdings ist es zweifellos so, dass die Leichtigkeit, mit der Leute mit üblen Absichten legal schwere Waffen erwerben können, mit denen Dutzende von Menschen innerhalb von Sekunden getötet werden können, ein wichtiger Faktor bei Amokläufen ist. Präsident Obama weiß sehr gut, dass die Reform der polizeilichen Strafverfolgung, die Stärkung der Bürgerrechte und die Verschärfung der Regeln für den Waffenbesitz Aufgaben sind, die er in seiner noch verbleibenden Amtszeit nicht mehr erledigen kann. Der nächste Präsident muss dabei die Vorreiterrolle übernehmen."

"Neue Zürcher Zeitung":

"Es ist eine Tatsache, dass schwarze Eltern ihre Kinder heute lehren müssen, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie von Polizisten diskriminiert werden.Dieses Gefühl von Willkür gegenüber Schwarzen schürt wiederum den Hass gegen Polizisten. Die sozialen Netzwerke wirken dabei als Katalysator: Sie dokumentieren und generalisieren Einzelfälle für ein Millionenpublikum und offenbaren den Konflikt in all seiner Hässlichkeit. Der jüngste Hinterhalt in Dallas sticht aus dem alltäglichen Konflikt jedoch heraus; er ist in Planung und Fatalität einzigartig. Anders als die friedlichen Demonstranten sehen sich die Heckenschützen tatsächlich im Bürgerkrieg. Für derartige Gewalt gibt es keine Rechtfertigung, wie Präsident Obama sagte. Die gute Nachricht ist, dass sich seit den Ausschreitungen von Baltimore 2015 tatsächlich etwas bewegt: Die Polizistenausbildung setzt stärker auf Deeskalation, Politiker erkennen das Rassismusproblem an. Dennoch wird sich der gordische Knoten aus Polizeigewalt und Polizistenhass nicht so schnell zerschlagen lassen."

"NRC Handelsblad" (Amsterdam):

"Die schärfere Reglementierung des Waffenbesitzes ist das große Vorhaben, mit dem (US-Präsident Barack) Obama gescheitert ist. Das heißt: Es ist ihm nicht geglückt, dafür im US-Kongress genügend Mitstreiter zu finden. Man kann nur hoffen, dass Dallas die Lager der Republikaner und der Demokraten, die sich gerade auf die Schlussphase des Präsidentschaftswahlkampfes im Herbst vorbereiten, zur Besinnung bringt. Das Problem der rassistisch motivierten Gewalt erfordert ernsthafte Lösungen. Es geht um die Verbesserung der Bildung, die Vergrößerung der Chancengleichheit, sozusagen um die softe Agenda von Bernie Sanders. Aber es geht auch um das Gewaltmonopol. Das muss in den Händen der Polizei liegen. Aber das funktioniert nur, wenn die Bürger grundsätzlich nicht ebenfalls über Schusswaffen verfügen."

"Corriere della Sera" (Rom):

"Es besteht das Risiko, dass jemand nun den Heckenschützen von Dallas zum Racheengel macht, der eine grausame Form von Volksjustiz verkörpert. Man hat den Eindruck, dass Präsident Barack Obama - der eigentlich der Mann der Aussöhnung sein sollte - im letzten Sommer seiner Amtszeit die Risse in jenem Damm vermehrt, der bisher die verschiedenen Ausdrücke des Hasses einer gewalttätigen Gesellschaft wie der amerikanischen zurückgehalten hat."

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