Papst fordert "menschliche" Reaktion auf Flüchtlingskrise

Papst Franziskus hält eine Rede vor dem US-Kongress.
Franziskus hielt eine historische Rede vor dem US-Kongress in Washington.

Papst Franziskus hielt am Donnerstag im US-Kongress in Washington unter großem Applaus eine mit Spannung erwartete Rede. Es war die erste Ansprache eines katholischen Kirchenoberhaupts vor dem aus Abgeordnetenhaus und Senat bestehenden Kongress. Zu Beginn freute er sich, vor den Vertretern des "Land of the Free and Home of the Brave" zu sprechen. Applaus und Standing Ovations waren Franziskus sicher, als er die US-Nationalhymne zitierte. "Auch ich bin auf diesem Kontinent aufgewachsen", fügte der Papst aus Südamerika hinzu. "Wir, auf diesem Kontinent, haben keine Angst vor Fremden. Die meisten von uns sind selbst Fremde gewesen“, sagte der Papst weiters. Er spreche selbst als Sohn von Einwanderern. Wieder erntete der hohe Gast heftigen Applaus.

Gegen die Todesstrafe

Als herausragende Persönlichkeiten der USA hob er Abraham Lincoln, Dorothy Day und Thomas Merton hervor. Und Martin Luther King, dessen Traum es zu erneuern gelte. Als sich Franziskus mit deutlichen Worten an die Seite jener stellte, die für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe eintreten, gab es wieder Applaus, allerdings nicht so frenetisch wie zuvor. Die Todesstrafe wird immer noch in 31 von 50 US-Bundesstaaten praktiziert. Ebenfalls akklamiert wurde der Hinweis des Papstes auf die Wichtigkeit von Klima- und Umweltschutz und den Wert der Familie.

"Menschliche" Reaktion auf Flüchtlingskrise

Angesichts der weltweiten Flüchtlingskrise forderte er eine „menschliche, gerechte und brüderliche“ Reaktion. „Wir dürfen nicht über ihre Anzahl aus der Fassung geraten, sondern müssen sie vielmehr als Personen sehen, ihnen ins Gesicht schauen.“ Die „Flüchtlingskrise, die ein seit dem Zweiten Weltkrieg unerreichtes Ausmaß angenommen hat“, stelle die Welt vor große Herausforderungen.

„Wir müssen eine heute allgemeine Versuchung vermeiden: alles, was stört, auszuschließen“, sagte Franziskus. Mit Blick auf die illegale Einwanderung in die USA fügte Franziskus hinzu, dass auch auf dem amerikanischen Kontinent Menschen "auf der Suche nach einem besseren Leben für sich und ihre Lieben" nordwärts zögen. Während Präsident Barack Obama Millionen illegale Einwanderer vor der Abschiebung bewahren will, wollen Republikaner wie Präsidentschaftsbewerber Donald Trump sie in ihre Heimatländer zurückschicken.

Franziskus nahm die USA auch im Kampf gegen den Klimawandel in die Pflicht. "Ich bin überzeugt, dass wir etwas verändern können, und habe keinen Zweifel, dass die Vereinigten Staaten - und dieser Kongress - dabei eine wichtige Rolle zu spielen haben", sagte er. Nun sei der Moment für "mutige Handlungen und Strategien". Im Kongress sperren sich die Republikaner gegen die Klimaschutzinitiativen von Präsident Barack Obama.

Familie und Waffenhandel

Mit Blick auf die in den USA erlaubte Homo-Ehe zeigte sich der Papst besorgt, dass die Familie "vielleicht wie nie zuvor von innen und von außen bedroht" sei. "Grundlegende Beziehungen wie die eigentliche Basis von Ehe und Familie werden infrage gestellt", sagte der 78-jährige Argentinier.

Scharf kritisierte er Waffenlieferungen in Krisen- und Konfliktgebiete. Der Export von Waffen an Akteure, die planten, „Einzelnen und Gesellschaften unsägliches Leid zuzufügen“, geschehe „einfach um des Geldes willen. Für Geld, das von Blut - oft unschuldigem Blut - trieft“, kritisierte er.

Franziskus schloss seine Rede mit "Gott segne Amerika".

Zehntausende vor dem Kapitol

Eine große Menschenmenge versammelt sich vor dem Washington Monument.
People pack the West Lawn of the U.S. Capitol to see Pope Francis appear on the Speaker's balcony before his speech to the U.S. Congress in Washington, September 24 2015. REUTERS/Carlos Barria
Der Papst hatte seine Rede nach einem persönlichen Treffen mit Parlamentspräsident John Boehner begonnen. Vor dem Kapitol verfolgten Zehntausende die Rede auf Leinwänden. Dort zeigte sich der Papst auch kurz der jubelnden Menge am Balkon. "Ich bin so dankbar dafür, dass Sie alle hier sind", sagte er. "Ich bitte Sie darum, für mich zu beten und wenn einige unter Ihnen sind, die nicht glauben oder nicht beten können, so bitte ich diese, mir gute Wünsche zu schicken." Danach war ein Treffen mit Obdachlosen in der Pfarrei St. Patrick geplant. Anschließend reiste der Papst nach New York weiter, wo er unter anderem eine Rede vor den Vereinten Nationen halten will.

Franziskus hält sich seit Dienstag zu seinem ersten USA-Besuch in Washington auf. Am Mittwoch wurde er von Präsident Barack Obama im Weißen Haus empfangen. Dabei rief er zum Kampf gegen den Klimawandel und zur Aufnahme von Einwanderern auf - Positionen, die bei der im Kongress dominierenden republikanischen Partei nicht sonderlich beliebt sind.

Das Papamobil im Wandel der Zeit

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