Papst: "Den Weg der Armut einschlagen"
Der mit großen Ansturm erwartete Besuch von Papst Franziskus am Freitag im mittelitalienischen Wallfahrtsort Assisi wurde von der Flüchtlingstragödie vor der Insel Lampedusa überschattet. „Von einem Tag der Tränen“, sprach Franziskus im Gedenken an die Opfer.
Frühmorgens traf der Pontifex mit dem Hubschrauber in der Geburtsstadt von Franz von Assisi ein. Der Papst hat seinen Namen nach dem italienischen Heiligen gewählt, der sich der Armut verpflichtet hatte. Der beliebte Heilige setzte sich für den Frieden und für die Natur ein; er strebte mit seinem Bettelorden eine Erneuerung der Kirche an.
Im Behindertenheim
Zum Auftakt besuchte der Papst ein Behindertenheim, wo er sogar eine halbe Stunde zu früh eintraf. Sichtlich bewegt umarmte er die jungen Leute, die sich tagelang auf den Besuch aus Rom gefreut hatten. „Er bat alle, für ihn zu beten, denn, so sagte er, er sehe in diesen leidenden Kindern Christus“, erzählte die Leiterin des Istituto Serafico, Francesca di Maolo. Die Kinder und Jugendlichen hatten sich für den päpstlichen Besuch besonders herausgeputzt, manche hatten eine Krawatte umgebunden.
Jorge Mario Bergoglio legte schnell seinen vorbereiteten Redezettel zur Seite und sprach frei. Die Tragödie von Lampedusa war auch hier zentrales Thema. Der Papst äußerte Kritik an der „Kultur der Zurückweisung“, die besonders die Schwachen treffe. Er forderte eine „Kultur der Aufnahme“. Der Argentinier kritisierte „eine wilde Welt“, die gleichgültig zusieht, „wie Leute vor Sklaverei, Hunger und voller Hoffnung auf Freiheit flüchten“ und „stattdessen den Tod finden, wie es gestern wieder im Mittelmeer passierte.“
Franziskus lancierte einen Appell an die Politiker, künftig behinderte und ausgegrenzte Personen stärker ins Zentrum zu rücken. Wiederholt rief er zur Solidarität mit Armen und Schwachen auf: „Wir müssen den Weg der Armut einschlagen“, sagte der Papst. Dies bedeute aber nicht Elend, sondern Solidarität mit den Bedürftigen.
Friedensappell
Begleitet wurde Franziskus von seinen acht Kardinälen, die er für die Reformkommission der römischen Kurie einsetzte. Am späten Vormittag zelebrierte er vor der Franziskus-Basilika eine Freiluft-Messe, an der auch Premier Enrico Letta teilnahm. Dabei wandte sich der Papst mit einem Friedensappell an die Welt: „Mögen die bewaffneten Konflikte aufhören, die die Erde mit Blut tränken; mögen die Waffen schweigen und überall Hass der Liebe weichen.“ Stürmische „ Viva il Papa“-Rufe empfingen Franziskus, als er Tausende Menschen begrüßte, die unter einem wolkenverhangenen Himmel auf der Piazza warteten. Spruch-Plakate „Wir erwarten dich von ganzem Herzen“ und Fahnen wurden geschwenkt.
Der intensive neunstündige Besuchstag stand ganz im Zeichen der Armen und Schwachen. Nach der Messe aß der Papst gemeinsam mit Obdachlosen in der Caritas-Mensa zu Mittag. Der 77-jährige Pontifex betete auch vor dem Grab des Heiligen Franziskus. Am Nachmittag stand ein Treffen mit der Jugend auf dem Programm.
Seit der Papstwahl ist die Franziskus-Basilika mit den wertvollen Giotto-Fresken, die bei einem Erdbeben 1997 schwer beschädigt wurde, zu einem noch stärkeren Anziehungspunkt für Pilger aus aller Welt geworden.
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