USA

Obama zur Schießerei an US-College: "Wir sind abgestumpft"

Trauer und Fassungslosigkeit am Umpqua Community College.
Schütze starb durch Polizeikugeln. Obama kritisiert erneut Waffengesetze. Botschaften auf 4chan aufgetaucht.

Nach dem Amoklauf an einer Hochschule im US-Staat Oregon mit mindestens zehn Toten zeigt sich US-Präsident Obama verärgert und betrübt zugleich. "Wir stumpfen ab", warnte er angesichts der Häufigkeit solcher Tragödien. "Wir können durchaus etwas dagegen tun, aber dafür müssen wir unsere Gesetze ändern", fuhr er fort. Er könne das freilich nicht im Alleingang durchsetzen. Er "brauche einen Kongress", der zur Zusammenarbeit bereit sei.

"Gebete sind nicht genug", sagte der US-Präsident. Es dürfe nicht sein, dass jemand, der anderen Menschen schaden wolle, in dem Land "so leicht" an Waffen gerate. In der Vergangenheit war Obama immer wieder am Widerstand der Republikaner mit Initiativen für ein schärferes Waffenrecht gescheitert.

Schütze von Polizei erschossen

Am Donnerstag hat ein Bewaffneter das Umpqua Community College (UCC) mit einer Schusswaffe gestürmt und mindestens zehn Menschen getötet und mehrere weitere verletzt. Nach Angaben der Polizei wurde der Schütze nach der Bluttat am Donnerstag von Beamten erschossen. US-Präsident Barack Obama beklagte, dass solche Schießereien mittlerweile "zu einer Art Routine" geworden seien und forderte erneut schärfere Waffengesetze in den USA.

Die Polizei wurde am Donnerstag gegen 10.30 Uhr (Ortszeit) in das College in dem ländlichen Ort Roseburg gerufen. Nach Angaben von Augenzeugen eröffnete der neusten Medien-Informationen zufolge 26-Jährige in einem Raum das Feuer, ging dann in weitere Räume und erschoss dort gezielt seine Opfer. Die Polizei konnte den Schützen nach ihrer Ankunft lokalisieren und lieferte sich eine Schießerei mit ihm, bei der er getötet wurde.

Bezirks-Sheriff John Hanlin sprach nach der Bluttat von zehn bestätigten Todesopfern und sieben Verletzten, einige wurden demnach schwer verwundet. Er wisse, dass es "widersprüchliche Berichte" zu den Opferzahlen gebe, sagte der Bezirks-Sheriff. Die Zahl der zehn Toten sei die "genaueste Information, die wir derzeit haben". Die Identität der Opfer werde aber noch nicht bekannt gegeben.

Die Studentin Cassandra Welding schilderte in US-Medien, wie sie den Amoklauf in einem Nebenraum erlebte. Eine Kommilitonin sei aus dem Zimmer gelaufen, um zu sehen was los war, und direkt erschossen worden. "Dann haben wir die Türen verriegelt und das Licht gelöscht, wir waren alle so in Panik", sagte sie dem Sender CNN. "Wir haben den Notruf gewählt und unsere Eltern angerufen und ihnen gesagt, dass wir sie lieben."

Obama zur Schießerei an US-College: "Wir sind abgestumpft"
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Möglichweise religiöses Motiv

Die Motive und Hintergründe der Tat in Roseburg waren zunächst unklar. Eine Augenzeugin erzählte einer Lokalzeitung, der Täter habe seine Opfer aufgefordert, sich auf den Boden zu legen. Dann mussten sie aufstehen. Daraufhin habe der Schütze sie nach ihrer Religion gefragt, dann aber wahllos das Feuer eröffnet.

Auch offen blieb, ob der Schütze selbst an der Hochschule studierte. Die Behörden prüften Einträge in sozialen Netzwerken, mit denen er die Tat womöglich ankündigte. Mehreren Berichten zufolge wurden am Tatort vier Waffen und ein Handy mit Nachrichten gefunden, die sich offenbar auf den Amoklauf bezogen.

Polizei und Feuerwehr waren im Großeinsatz und sperrten das Gelände des Colleges ab. Die Polizei kontrollierte alle Studenten beim Verlassen der Gebäude auf Waffen und fahndete nach möglichen Komplizen. Sprengsoff-Experten durchsuchten in der Nähe geparkte Autos nach Bomben.

Am Umpqua Community College sind mehr als 3.000 Vollzeit- und 16.000 Teilzeit-Studenten eingeschrieben. Die Kleinstadt mit rund 22.000 Einwohnern liegt etwa drei Autostunden südlich der Metropole Portland. Bis Montag sollte das College geschlossen bleiben, alle studentischen Aktivitäten für das Wochenende wurden gestrichen.

Anfälligkeit für Amokläufe

In den USA hat es in den vergangenen Jahren häufiger Schießereien an Schulen und öffentlichen Einrichtungen gegeben. Bei dem bisher blutigsten Amoklauf an einer US-Hochschule starben im Jahr 2007 an der Virginia Tech in Blacksburg mindestens 33 Menschen, darunter der Täter. Nach dem Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule im Jahr 2012 mit 20 Toten wurden an zahlreichen Schulen und Hochschulen die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.

Colleges und Universitäten seien wegen ihrer offenen Anlagen "anfällig für solche Ereignisse", teilte der Verband American Association of Community Colleges mit. Die Organisation Everytown, die sich für eine Reform der laxen US-Waffengesetze stark macht, sprach von einer "Tragödie". Oregons Gouverneurin Kate Brown ordnete an, die Flaggen an allen öffentlichen Gebäuden am Freitag auf Halbmast zu setzen.

"Einige von Euch sind ganz okay. Geht morgen nicht zur Schule, wenn ihr im Nordwesten lebt", lautet eine Botschaft, die auf der Webseite 4chan auftauchte. Wenig später tötete ein 26-Jähriger mindestens zehn Menschen an einem College im US-Bundesstaat Oregon. Wie Ars Technica berichtet, wurde anderen 4chan-Nutzern in einem weiteren anonymen Posting ein "froher Elliot-Rodger-Tag" gewünscht. Das ist eine Anspielung auf eine andere Schießerei in einer US-Universität im Vorjahr.

Derzeit weiß man noch nicht, von wem die aktuellen Postings bei 4chan stammen. Ebenfalls unklar ist, ob es sich nur um zufällige Prophezeiungen handelte oder ob die Urheber von der Absicht des Täters wussten. Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass Gewalttaten vorab auf 4chan angekündigt werden. 2013 meldete ein Mann vorab, dass er einen Mord begehen werde. Kurz darauf erschoss er zwei Frauen in einem Shoppingcenter.

Nach dem Amoklauf mit mindestens zehn Toten in einer Hochschule im US-Bundesstaat Oregon steht die US-Öffentlichkeit einmal mehr unter Schock. Die Bluttat ist eine der schlimmsten der vergangenen Jahre:

18. Juli 1984: In einem McDonald's-Restaurant im kalifornischen San Ysidro schießt ein arbeitsloser Wachmann um sich. 21 Menschen sterben.

16. Oktober 1991: Ein Mann rast mit seinem Pick-Up-Truck durch die Frontscheibe eines Restaurants im texanischen Killeen. Anschließend feuert er dort um sich und tötet 22 Menschen. Der Täter erschießt sich danach selbst.

20. April 1999: An der Columbine-Schule in Littleton im US-Bundesstaat Colorado erschießen zwei schwarz gekleidete und vermummte Jugendliche zwölf Mitschüler und einen Lehrer. Danach begehen sie Selbstmord.

29. Juli 1999: Ein 44-jähriger Börsenspekulant tötet in Atlanta im Bundesstaat Georgia seine beiden Kinder und seine Frau. Anschließend eröffnet er in zwei Maklerbüros das Feuer und tötet neun Menschen, bevor er sich selbst tötet.

21. März 2005: In Red Lake im US-Bundesstaat Minnesota richtet ein Jugendlicher in einer Schule ein Blutbad an und begeht anschließend Selbstmord. Neun Menschen sterben, unter ihnen fünf Schüler und eine Lehrerin. Zuvor hatte der Schüler seinen Großvater und dessen Lebensgefährtin getötet.

16. April 2007: Bei dem bisher blutigsten Amoklauf an einer US-Hochschule sterben an der Virginia Tech in Blacksburg mindestens 33 Menschen, darunter der Täter.

24. Dezember 2008: Ein Amokläufer im Weihnachtsmannkostüm erschießt auf einer Weihnachtsfeier in Covina, am Stadtrand von Los Angeles, neun Gäste und tötet sich anschließend selbst.

3. April 2009: In der Stadt Binghamton im Bundesstaat New York erschießt ein Mann aus Vietnam in einem Zentrum für Einwanderer 13 Menschen.

5. November 2009: Ein Militärpsychiater eröffnet auf einer US-Militärbasis in Texas das Feuer. Der Mann mit palästinensischen Wurzeln tötet 13 Menschen und verletzt 32 weitere, bevor er überwältigt werden kann.

12. Oktober 2011: Im kalifornischen Badeort Seal Beach schießt ein Mann wegen eines Sorgerechtsstreits mit seiner Ex-Frau in einem Friseurladen um sich. Er tötet acht Menschen, darunter die Mutter seines Kindes.

2. April 2012: Ein 43-Jähriger tötet in einer religiösen Universität im US-Bundesstaat Kalifornien sieben Menschen und verletzt drei weitere. Anschließend stellt er sich der Polizei. Die Opfer mussten sich in einer Reihe vor einer Mauer aufstellen, bevor sie erschossen wurden.

20. Juli 2012: In einem Kino in Aurora im US-Bundesstaat Colorado eröffnet ein Mann während der Premiere des neues "Batman"-Films das Feuer. Zwölf Menschen sterben, 58 weitere werden verletzt. Der Amokläufer wird festgenommen.

14. Dezember 2012: Ein junger Mann dringt in die Sandy-Hook-Grundschule in Newtown im Bundesstaat Connecticut ein und erschießt dort 20 kleine Kinder und sechs Erwachsene. Zuvor hatte er zu Hause bereits seine Mutter getötet. Nach der Tat nimmt sich der 20-jährige Todesschütze das Leben.

16. September 2013: Ein Mann, der für einen Subunternehmer des Verteidigungsministeriums arbeitet, eröffnet in Washington das Feuer in den Büros der US-Marine. Er erschießt zwölf Menschen, bevor er selbst von der Polizei erschossen wird.

17. Juni 2015: Ein junger Weißer, offenbar ein Rassist, erschießt in einer Kirche in Charleston im US-Bundesstaat South Carolina neun Schwarze.

1. Oktober 2015: Mindestens zehn Menschen werden in der Umpqua-Hochschule in der Kleinstadt Roseburg im US-Bundesstaat Oregon erschossen. Der Täter, der später von der Polizei erschossen wird, verletzt auch etwa 20 Menschen teils schwer.

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