Nach Ultimatum: Kroatien öffnet Serbiens Grenze wieder

Das jüngste EU-Mitglied Kroatien hat nach einem Ultimatum seines Nachbarn Serbien seine Grenze wieder geöffnet. Nach einem Tag setzten sich am Dienstagnachmittag am wichtigen Grenzübergang Bajakovo-Batrovci auf der E70 zwischen Belgrad und Zagreb die Lastwagen wieder in Bewegung. Der Lkw-Stau hatte zuletzt elf Kilometer betragen.
Zuvor hatte Serbiens Regierungschef Aleksandar Vucic der EU und Kroatien mit nicht näher beschriebenen "Gegenmaßnahmen" gedroht. Vucic hatte die Schäden für den In- und Export seines Landes, das EU-Beitrittskandidat ist, auf 20 Millionen Euro beziffert. Er werde nicht zulassen, dass Kroatien sein Land "erniedrigen und dessen Wirtschaft zerstören kann", hatte er kritisiert. Sein kroatischer Amtskollege Zoran Milanovic hatte ihn wegen des Ultimatums mit den Worten angegangen: "Mensch, komm mal runter!"
Der kroatische Innenminister Ranko Ostojic hatte angekündigt, die Grenzen würden erst dann wieder geöffnet, wenn Serbien den Transport Zehntausender Flüchtlinge an seine Grenze mit Kroatien stoppe. Ob Serbien jetzt, wie von Zagreb verlangt, die Flüchtlinge über andere Länder umleitet, blieb zunächst offen.
Gedränge
In der Nacht auf Dienstag kamen rund 2.000 neue Flüchtlinge im Transitlager in Opatovac an, wie kroatische Medien berichteten. Das führte in der Früh zu Gedränge am Eingang des Zeltlagers, wo gegen 11.00 Uhr noch immer ein paar Hundert auf den Eintritt warteten. In dem Lager befinden sich durchgehend rund 2.500 Menschen.
Niemand rechnete mit den neuangekommenen Flüchtlingen, weil sie nicht wie üblicherweise über den Grenzübergang Tovarnik kamen, sondern weiter nordöstlich über das gebirgige Gebiet rund um den Ort Bapska in der Nähe von Ilok, so die Berichte. Diese Route hatten die Flüchtlinge bisher nicht genommen, nun scheint es allerdings, dass dieses Gebiet zum neuen Eintrittspunkt werden könnte.
Spannungen
In dem Transitlager kam es laut Medienberichten am Vormittag zu Spannungen, weil die Weiterreise an die ungarische Grenze offenbar verlangsamt wurde. Seit vergangenem Mittwoch, als die ersten Flüchtlinge in Kroatien über die serbische Grenze ankamen, wurden mehr als 35.000 in dem Land gezählt.
In Slowenien war die Lage am Dienstagvormittag weiterhin ruhig. Laut der Polizei gab es in der Nacht und Dienstag früh keine Neuankünfte. Die beiden Grenzübergänge Obrezje und Rigonce, die am Wochenende stark unter Druck standen, waren vorerst leer. Auch das Erstaufnahmezentrum in der nahe gelegenen Stadt Brezice stand leer. In den Flüchtlingsquartieren im Nordosten des Landes waren unterdessen am Dienstagvormittag laut offiziellen Zahlen rund 500 Menschen untergebracht. Auch sie dürften sich erwartungsgemäß bald auf den Weg in Richtung Österreich machen.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet für das laufende Jahr einen Rekordwert an Asylanträgen in ihren 34 Mitgliedstaaten. Mit bis zu einer Million Anträgen könnte 2015 der höchste gemessene Wert seit Ende des Zweiten Weltkriegs erreicht werden, heißt es im am Dienstag in Berlin vorgestellten Migrationsausblick 2015 der OECD.
Aufgrund der anhaltenden Gewalt in Syrien, des weitgehenden Zusammenbruchs staatlicher Institutionen in Libyen sowie der sich verschlechternden Sicherheitslage in Irak, Afghanistan, Libanon und der Türkei erwartet die Organisation auch für die kommenden Jahre weiter sehr hohe Flüchtlingszahlen im OECD-Raum.
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