Menschenrechtler: Weiter Missstände in Textilfabriken

Menschenrechtler prangern in Kambodschas Textilindustrie weiterhin große Missstände an. Die Organisation Human Rights Watch fand in elf von 73 untersuchten Fabriken in dem armen südostasiatischen Land Kinder bei der Arbeit, wie sie am Donnerstag in der Hauptstadt Phnom Penh berichtete.
Fabrikbesitzer zwängen Arbeiterinnen zu Überstunden, kümmerten sich nicht angemessen um Schwangere und schüchterten Gewerkschaftsvertreter ein, kritisierte sie weiter. Manche Fabriken seien schlecht gelüftet und manche Vorarbeiter erlaubten keine Toilettenpausen.
Fabriken mit Exportlizenzen würden zwar inspiziert, aber viele hätten kleinere Zulieferer, die nicht überwacht würden. "In diesen kleineren Fabriken herrschen die schlimmsten Bedingungen", so Human Rights Watch. In vielen Fabriken würden Arbeiterinnen seit der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns - auf 128 US-Dollar (120 Euro) - zu mehr Akkordarbeit gezwungen.
Arbeiterin: "Wir sind wie Sklaven, nicht Arbeiter."
"Unsere Quote war immer 80 Teile pro Stunde. Seit der Lohnerhöhung müssen wir 90 schaffen und wenn nicht, werden wir angeschrien", zitiert die Organisation eine Arbeiterin. "Wir werden zu Überstunden gezwungen. Wir sind wie Sklaven, nicht Arbeiter." In 48 Fabriken seien unfreiwillige Überstunden angeordnet worden. Insgesamt gibt es 1200 Fabriken mit gut 700.000 Arbeitsplätzen.
Human Rights Watch nimmt internationale Auftraggeber wie Adidas, H&M und Armani in die Pflicht. "Sie können und müssen Druck machen, dass ihre Aufträge in den Fabriken nicht zu Verletzungen der Arbeiterrechte beitragen", verlangte Human Rights Watch. Gute Noten bekamen Adidas und H&M: Die Unternehmen veröffentlichen die Liste ihrer Lieferanten. Adidas schütze als einziger Auftraggeber Arbeiter vor Repressalien, die über ungerechte Bedingungen berichteten. Adidas hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr weltweit 1300 Fabrikbesuche durchgeführt.
Die Textilindustrie in Kambodscha
Kambodscha grenzt südöstlich an Thailand und ist eines der ärmsten Länder der Welt. Bei einer Bevölkerung von rund 15 Millionen macht der Textilsektor mit mehr als fünf Milliarden Dollar (4,7 Mrd. Euro) Erlösen 80 Prozent der Exporte aus. In 1200 Nähfabriken gibt es nach Angaben des Industrieministeriums 730.000 Arbeitsplätze, 90 Prozent der Angestellten sind Frauen. Der vorgeschriebene Mindestlohn liegt seit Anfang des Jahres bei 128 US-Dollar, heute umgerechnet 120 Euro. International sind die Textilindustrien in China, Indien und Bangladesch deutlich größer. Die Fabrikbesitzer kommen überwiegend aus Asien: etwa Hongkong, Taiwan, China und Singapur. Sie beliefern unter anderem Sportfabrikant Adidas und Modehersteller Armani, Gap und H&M.
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