MH370: Piloten im Fokus der Ermittler

Eine Wand mit Nachrichten und Gebeten für die Passagiere von Flug MH370.
Das Suchgebiet wurde erheblich ausgeweitet. China übt scharfe Kritik an Malaysia.

Seitdem als gesichert gilt, dass die verschwundene Malaysia Airlines-Maschine nicht kurz nach dem Start abgestürzt ist, sondern noch sieben Stunden weitergeflogen sein soll, stehen Crew und Passagiere im Zentrum der Ermittlungen. Der letzte Funkspruch aus dem Cockpit stammte neuesten Angaben zufolge wahrscheinlich nicht vom Piloten, sondern vom Kopiloten. Das berichtete Airline-Chef Ahmad Jauhari Yahya am Montag. Mit Sicherheit könnten die Experten aber bisher nicht sagen, wer ins Bordmikrofon sprach. Überhaupt stehen die Piloten im Fokus der Ermittlungen.

"Alright, good night"

(etwa: Alles klar, gute Nacht), war der letzte Funkspruch von Flug MH370, sagte der Airline-Chef. Er ging um 01.19 Uhr Ortszeit, rund 40 Minuten nach dem Start, an die malaysische Bodenkontrolle. Die Kontrolleure hatten den Piloten kurz zuvor mitgeteilt, dass sie in Kürze vietnamesischen Luftraum erreichen würden. Das letzte Signal des Kommunikationssystems ACARS an Bord war um 01.07 Uhr abgesetzt worden. Es hätte eine halbe Stunde später das nächste Signal senden müssen, wurde den Ermittlungen zufolge aber zwischenzeitlich vorsätzlich abgestellt. Laut Behörden ist die Abschaltung aller Kommunikationsmittel für einen Laien nicht möglich. Nach dem letzten Radarkontakt sei die Boeing 777-200 mit 239 Menschen an Bord noch etwa sieben Stunden weitergeflogen.

Es werde offiziell wegen Sabotage, Entführung und Terrorismus ermittelt, sagte Malaysias Polizeichef Khalid Abu Bakar am Sonntag.

Verdächtiges T-Shirt

Ein T-Shirt macht wiederum den 52-jährigen Piloten von Flug MH370 weiter verdächtig. Zaharie Ahmad Shah, in dessen Haus ein Flugsimulator sichergestellt wurde, besaß ein T-Shirt mit der Aufschrift "Democracy is dead" (Demokratie ist tot). Shah, der drei Kinder hat, soll ein fanatischer Anhänger des malaysischen Oppositionsführers Anwar Ibrahim gewesen sein, der erst wenige Stunden vor dem Start der verschollenen Boeing 777 wegen des Vorwurfs der Homosexualität ins Gefängnis eingeliefert wurde. Aber ist das ein Beweis? Und wenn, wofür?

Suchgebiet erweitert

Mit den neuen Enthüllungen wurde auch das Suchgebiet erheblich erweitert: Gesucht wird in zwei riesigen und von den bisherigen Gebieten auch noch abweichenden Flugkorridoren. Australien hat auf Bitten Malaysias die Koordinierung der Suche nach dem verschwundenen Malaysia-Airlines-Flugzeug im Indischen Ozean übernommen. Die Ermittler haben zwei Flugkorridore skizziert, in denen die Maschine nach Abschalten zweier Kommunikationssysteme an Bord womöglich flog: von Malaysia aus entweder in Richtung Nordwesten über Indien und Pakistan bis nach Kasachstan, oder Richtung Südwesten - über Indonesien westlich an Australien vorbei in den Indischen Ozean. Australien ist für Such- und Rettungsaktionen im Indischen Ozean über tausende Kilometer zuständig. Das Gebiet erstreckt sich über die halbe Strecke bis nach Südafrika.

Flugexperten halten es allerdings übereinstimmend kaum für möglich, dass eine Boeing 777-200 unentdeckt über hochmilitarisierte Zonen wie die indisch-pakistanische Grenze fliegen könnte.

An der Suche nach dem verschwundenen Flugzeug beteiligen sich inzwischen 26 Länder.

Die US-Raumfahrtbehörde NASA hilft bei der Suche nach dem verschwundenen Flug MH370. Derzeit werden unter anderem Bilder ausgewertet, die von Satelliten und der Internationalen Raumstation ISS aufgenommen wurden. Objekte, die größer sind als 30 Meter, könnten darauf identifiziert werden.

Kritik an malaysischen Behörden

In China wächst die Kritik an den malaysischen Behörden. In einem scharfen Kommentar der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua, den die Zeitungen am Montag verbreiteten, wurde ein Mangel an zeitgemäßen Informationen und Vergeudung der massiven Suchbemühungen beklagt. "Angesichts der heutigen Technologie riecht der Zeitverzug entweder nach Vernachlässigung von Pflichten oder einem Zögern, Informationen umfassend und rechtzeitig zu teilen. Das wäre unerträglich." Malaysia trage unvermeidlich Verantwortung, aber auch andere Beteiligte wie der Flugzeugbauer Boeing, die Triebwerkshersteller Rolls Royce und die "Geheimdienst-Supermacht USA" hätten "bessere Arbeit leisten sollen". Unter den 239 Insassen an Bord der am 8. März auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking verschollenen Maschine waren 154 Chinesen.

Zu den 153 Chinesen an Bord zählt eine Gruppe von 18 chinesischen Künstlern, wie die Nachrichtenagentur China News berichtete. Sie waren auf dem Rückweg von einer Ausstellung in Kuala Lumpur. Eigentlich sollten 24 Maler an Bord sein, die Tickets von sechs Künstlern wurden aber kurzfristig umgebucht.

Der texanische Halbleiterhersteller Freescale Semiconductor teilte mit, dass 20 seiner Angestellten an Bord waren, zwölf aus Malaysia und acht aus China.

Drei der sechs Inder an Bord gehörten Medienberichten zufolge einer Familie aus Mumbai an. Das Paar war demnach mit einem Sohn auf dem Weg zu dessen älteren Bruder, der kürzlich geheiratet hatte. An Bord sollen zudem eine indische Fischereiexpertin auf dem Weg zu einer Konferenz in der Mongolei sowie eine Frau auf dem Weg zu ihrem in Nordkorea arbeitenden Mann gewesen sein.

Bei den vier Franzosen an Bord handelt es sich Medien zufolge um eine Mutter mit ihrer 14 Jahre alten Tochter, ihrem 17 Jahre alten Sohn und dessen Freundin. Sie hatten zusammen Urlaub in Malaysia gemacht und wollten zurück nach Peking, wo der 17-Jährige noch seine Matura machen wollte. Der Vater hatte als Topmanager für den Baustoffhersteller Lafarge in China gearbeitet, war aber bereits Anfang des Jahres mit dem dritten Kind des Paares nach Frankreich zurückgekehrt.

Zwei der drei Menschen mit US-Pass an Bord sind Kleinkinder - ein Zweijähriger und ein vier Jahre altes Mädchen der Passagierliste zufolge. Sie reisten möglicherweise in Begleitung von Eltern mit doppelter Staatsbürgerschaft. Beim dritten US-Passagier handelt es sich laut "Wall Street Journal" um einen IBM-Manager, der gerade erst nach Malaysia versetzt wurde. Er habe noch einmal Peking besuchen wollen, um sich dann in Kuala Lumpur niederzulassen, zitierte die Zeitung den Bruder des Mannes.

Die zwei Kanadier an Bord sind dem Sender CBC zufolge ein Ehepaar. Die Eltern zweier Kinder leben demnach in Peking, wo der Mann Manager bei einem US-Handelsunternehmen ist. Das Paar soll auf dem Rückflug von einem Urlaub in Vietnam gewesen sein.

Auf Urlaubsreise war asiatischen Medienberichten zufolge auch die einzige Niederländerin an Bord. Die Frau mit indonesischen Wurzeln soll ihre alte Heimat besucht haben. Sie habe mit Malaysia Airlines über China zurück nach Amsterdam fliegen wollen, wurde der Bruder der Niederländerin zitiert.

Ganz andere Motive hatten bisherigen Erkenntnissen nach zwei junge Iraner, die mit gestohlenem italienischen beziehungsweise österreichischem Pass eincheckten: Wahrscheinlich hätten die beiden nach Deutschland auswandern wollen, berichtete die malaysische Polizei.

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