Malta: Passagiere frei - Entführung endet unblutig

Die Entführung eines libyschen Flugzeugs mit mehr als 100 Menschen ist in Malta ohne Gewalt zu Ende gegangen. Die zwei Entführer ergaben sich am Freitag maltesischen Sicherheitskräften. Sie seien durchsucht und festgenommen worden, teilte der maltesische Regierungschef Joseph Muscat mit. Zuvor hatten die Männer bereits alle 109 Passagiere und die Crewmitglieder freigelassen.
Alles deutete darauf hin, dass die Entführer den ehemaligen libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi unterstützten. Einer der Männer hatte in der Flugzeugtür die grüne, alte libysche Staatsflagge geschwenkt, die nach dem Sturz und Tod Gaddafis 2011 abgeschafft wurde. Der libysche Abgeordnete Hadi al-Saghir berichtete der Nachrichtenagentur Reuters von einem Telefonat mit seinem Parlamentskollegen Abdusalem Mrabit, der an Bord des Flugzeugs war. Dessen Angaben zufolge waren die zwei Entführer Mitte 20 und gehörten zum Volk der Tebu aus dem Süden Libyens. Sie hätten die Gründung einer "Pro-Gaddafi-Partei" gefordert.

Der Flughafenbetreiber hatte zunächst über eine "unrechtmäßige Störung" informiert. Libyens international anerkannte Regierung bestätigte die Entführung, wie die amtliche Nachrichtenagentur Lana meldete.
Zwei Entführer drohten Medienberichten zufolge mit einem Sprengsatz. Auch die unabhängige libysche Nachrichtenseite Alwasat berichtete von einer Drohung mit einem Sprengsatz. Darüber habe der Kapitän den Tower auf Malta informiert. Ihre Quellen nannte die Seite nicht. Anderen Berichten zufolge sollen die Entführer in Malta Asyl gefordert haben.

Die letzte größere Flugzeugentführung nach Malta gab es im Jahr 1985, als Palästinenser eine ägyptische Maschine kaperten. Eine ägyptische Sondereinheit stürmte das Flugzeug. Dabei kamen Dutzende Menschen zu Tode.

Terror bis Flucht - Motive für Flugzeugentführungen
Februar 2014 - Ein äthiopischer Kopilot kapert die eigene Maschine. Er schließt sich im Cockpit ein, als der Kapitän kurz hinausgeht, und steuert das Flugzeug mit 193 Passagieren nach Genf statt nach Rom. Angeblich hat er politische Motive. Nach der Landung lässt er sich von der Polizei festnehmen.
März 2003 - Weil er zu seiner schwangeren Frau nach Deutschland wollte, kapert ein junger Türke einen Airbus mit 205 Menschen an Bord. Endstation der Entführung ist Athen. Dort überredet ihn der türkische Ministerpräsident telefonisch zur Aufgabe.
September 2001 - In einem beispiellosen Terrorakt stürzen sich arabische Islamisten mit drei gekaperten Linienmaschinen auf das World Trade Center in New York und das Verteidigungsministerium bei Washington; eine vierte zerschellte bei Pittsburgh (Virginia). Etwa 3.000 Menschen sterben, darunter 19 Selbstmordattentäter.
November 2000 - Ein verwirrter Dagestaner zwingt eine russische Tupolew zum Flug über Aserbaidschan nach Israel. Dort lässt er seine 57 Geiseln frei und ergibt sich.
Februar 2000 - Afghanische Flüchtlinge dirigieren eine Boeing in einem Irrflug über Usbekistan, Kasachstan und Moskau nach London. Sie geben nach vier Tagen auf.
Juli 1999 - Ein verwirrter Japaner kapert einen Jumbo-Jet mit mehr als 500 Menschen an Bord und ersticht auf einem Inlandsflug den Piloten. Der Kopilot kann den 28-Jährigen überwältigen.
November 1996 - Eine äthiopische Boeing muss wegen Spritmangels vor den Komoren notwassern. Mindestens 123 der 175 Insassen kommen ums Leben. Drei Äthiopier, die nach Australien wollten, hatten die Maschine, die eigentlich zur Elfenbeinküste fliegen sollte, gekapert.
Das Land ist Drehscheibe für illegale Migration über das Mittelmeer nach Europa. Weit mehr als 150 000 Menschen hatten 2016 versucht, in teils schrottreifen Booten überzusetzen. Mehr als 4100 von ihnen starben. In der ehemaligen italienischen Kolonie leben geschätzt 6,5 Millionen Menschen, darunter auch mehr als 12 Prozent Immigranten.
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