Kohl scheiterte vor Gericht

Seltener Auftritt: Kohl mit Ehefrau Maike bei der Buchmesse.
Kein Buch-Stopp: Ex-Kanzler warf seinem ehemaligen Biografen auf der Frankfurter Buchmesse Vertrauensbruch vor.

Deutschlands Altkanzler Helmut Kohl ist laut Spiegel vor Gericht gescheitert. Er wollte die weitere Verbreitung des umstrittenen Buches "Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle" stoppen. Das Landgericht Köln soll den Antrag von Kohls Anwälten auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen haben.

Kohl enttäuscht von Schwan

"Ich bin zutiefst enttäuscht über den Vertrauensbruch, das hätte ich niemals erwartet". Mit diesen Worten äußerte sich Kohl am Donnerstag erstmals zu dem von seinem ehemaligen Biografen Heribert Schwan am Mittwoch herausgebrachten Buch "Vermächtnis", das unautorisiert deftige und oft beleidigende Aussagen über seine wichtigsten Zeitgenossen wiedergibt.

Der seit 2008 stark körper- und sprechbehinderte Altkanzler nutzte die Vorstellung der von ihm autorisierten und überarbeiteten Biografie zu Wende und Wiedervereinigung auf der Frankfurter Buchmesse für die Angriffe auf Schwan. Er und seine Frau beriefen sich auf die schriftliche Vereinbarung mit dem zu Bertelsmann gehörenden Heyne-Verlag, die alle Rechte an dem 2001 und 2002 in 630 Stunden entstandenen Interview bei Kohl lasse. Das beweise auch das erfolgreiche Einklagen der Bänder von Schwan.

Am Vortag hatten der und sein Verlagsjurist anhand früherer Gerichtsurteile versucht, das "öffentliche Interesse" an Kohls Äußerungen als über die Privatsphäre und den Vertrag stehend darzustellen. Das hatte Schwan mit der Vorabmeldung im Spiegel geweckt: Er zitiert Kohl unter anderem mit herabsetzenden Äußerungen über Angela Merkel ("Konnte nicht mit Messer und Gabel essen") und viele frühere bedeutende und ihm zeitweise auch nahestehende CDU-Kollegen, die er gern als "Verräter" oder "unfähig" bezeichnete.

Medien für Kohl

Die deutschen Medien stellen sich aber überwiegend auf die Seite Kohls. Bild sieht ihn moralisch und juristisch im Recht und zitiert Beweise dafür, dass Kohl seine deftigen Aussagen zur CDU ausdrücklich geheim halten wollte. Ähnlich argumentieren Die Welt und die FAZ. Auch die wie der Spiegel linksliberale Süddeutsche Zeitung, einst fast ebenso parteiischer Gegner Kohls, gibt dem voll recht: Auch er habe eine Privatsphäre, die zu schützen sei, die scharfen Äußerungen seien rein privater Natur und historisch belanglos.

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