Polizei vertreibt gestrandete Flüchtlinge

Seit Tagen warteten die Migranten auf den Felsen von Ventimiglia auf eine Weiterfahrt nach Frankreich.

Weiterhin Chaos um die gestrandeten Flüchtlinge in Italien: Nach der Zurückweisung Hunderter Menschen an der Grenze zu Frankreich bleibt die Lage in der ligurischen Grenzstadt Ventimiglia gespannt. Die italienische Polizei hat am Dienstag Dutzende Migranten vertrieben, die seit Tagen auf den rauen Felsen an der Küste der italienischen Grenzstadt in der Hoffnung ausharrten, nach Frankreich weiterfahren zu können. Die Flüchtlinge, die meist aus dem Sudan und aus Eritrea stammen, mussten in einen Bus des Roten Kreuzes einsteigen und wurden zum Bahnhof Ventimiglias gebracht, wie italienische Medien berichteten. Wer Widerstand leistete, wurde unter Zwang in den Bus gezerrt. Einige Migranten ergriffen vor den Sicherheitskräften die Flucht.

Polizisten führen einen Mann in Jeans und orangefarbenem Oberteil ab.
epa04801876 Italian police removes a group of African migrants at the Franco-Italian border between Menton and Ventimiglia, 16 June 2015. More than 150 migrants who wished to cross the border into France have been blocked by the French and Italian police. The European Commission proposed in late May that 40,000 asylum seekers be relocated from Italy and Greece over two years. The plan foresees the largest groups of asylum seekers going to Germany and France, based on a calculation involving EU countries' population sizes, unemployment rates, wealth and existing refugee intake rates. EPA/SEBASTIEN NOGIER
Auf dem Bahnhof Ventimiglias übernachteten über hundert Flüchtlinge. Die Bahngesellschaft Trenitalia stellte einige Räume im Bahnhof, wo Unterkünfte für Kinder und Frauen organisiert wurden. Circa 500 Migranten warten in Ventimiglia auf Möglichkeiten, um nach Frankreich weiterzukommen. Sie wurden vom Roten Kreuz und anderen Organisationen versorgt. Französische Gendarmen sagten, sie hätten Anweisungen, die Migranten nicht über die Grenze zu lassen. Normalerweise gibt es im Schengenraum keine Grenzkontrollen. Wegen des G-7-Gipfels im bayerischen Elmau wurden aber wieder vorübergehend Kontrollen eingeführt.

"Politischer Bankrott Europas"

Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi verlangte mehr Solidarität von den EU-Mitgliedstaaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Europas Antwort auf diese "ernste Krise" sei bisher bei weitem nicht ausreichend, sagte der Regierungschef. Über die Flüchtlingsverteilung allgemein will Italiens Innenminister Angelino Alfano am Dienstag mit Vertretern der EU-Kommission beraten. "Das, was in Ventimiglia geschieht, ist ein Schlag ins Gesicht Europas und ein Beweis, dass Migranten nicht in Italien bleiben, sondern weiterreisen sollen. Italien bemüht sich, den politischen Bankrott Europas abzuwenden. In punkto Einwanderungspolitik muss Europa eine gemeinsame Lösung finden", drängte Alfano.

Italien hat die EU immer wieder zu mehr Solidarität im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik aufgerufen. "Es darf keine nationalen Egoismen und kein Verschließen der Augen geben", sagte Regierungschef Renzi am Montag. Zuvor hatte Frankreich die Zurückweisung der Migranten verteidigt. "Italien muss sich um sie kümmern, das ist das europäische Recht", so der französische Innenminister Bernard Cazeneuve.

Kommentare