Rom: Papst-Besuch in der Großen Synagoge

Papst Franziskus besucht eine Synagoge und hält eine Rede vor einer Gemeinde.
"Wir gehören alle einer einzigen Familie an", sagte Franziskus bei seiner Visite.

Eine Visite mit hoher Symbolkraft: Am Sonntag besuchte Papst Franziskus die Große Synagoge in Rom. Genau sechs Jahre nach Benedikt XVI. und 29 Jahre nach Johannes Paul II. betrat Franziskus als drittes Oberhaupt der katholischen Kirche ein jüdisches Gebetshaus. Der Besuch fiel genau auf den 17. Jänner, offiziell der "Tag des Judentums".

In dem jüdischen Gebetshaus auf der linken Tiberseite wurde das katholische Kirchenoberhaupt von Oberrabbiner Riccardo Di Segni empfangen. "Wir gehören alle einer einzigen Familie an, der Familie Gottes", sagte der Papst in seiner Rede. "Ich wünsche mir, dass wir immer weiter zusammenwachsen."

Gute Beziehungen

Di Segni hatte vor dem Besuch betont, der Papst habe in den drei Jahren seines Pontifikats die Beziehungen zwischen katholischer Kirche und Judentum weiter bestärkt. Der Vatikan hatte sich erstmals am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–’65) durch die Veröffentlichung der Erklärung "Nostra Aetate" den Juden angenähert, weil darin die Pluralität der Religionen als Teil des göttlichen Heilsplans anerkannt wurde.

Die Präsidentin der jüdischen Gemeinde Roms, Ruth Dureghello, führte Franziskus durch das Viertel. Der Papst legte vor einer Erinnerungstafel an die Judendeportationen 1943 aus dem Getto Blumen nieder. Er traf auch die Familie von Stefano Gaj Taché. Der Zweijährige war 1982 bei einem Terroranschlag vor der Großen Synagoge ums Leben gekommen.

Franziskus ist für sein enges Verhältnis zum Judentum bekannt. Der Dialog zwischen den beiden Weltreligionen erlebt seit seinem Amtsantritt einen neuen Aufschwung. Sein Besuch in der Synagoge gilt als "volksnah": "Nicht nur offizielle Vertreter, sondern vor allem Menschen aus der jüdischen Gemeinde, die sich um arme Leute, Jugendliche und Ex-Deportierte kümmern, begleiteten den Besuch", sagte ein jüdischer Sprecher.

Bereits in seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires kannte Jorge Mario Bergoglio keine Berührungsängste. Er suchte das Gespräch mit jüdischen Glaubensvertretern, lud zu Diskussionen und nahm an Gedenkveranstaltungen teil.

In den vergangen Jahren waren mehrfach jüdische Delegationen im Vatikan zu Gast. "Wer Christ ist, kann kein Antisemit sein", erklärte Franziskus.

Seit Tagen herrschten strengste Sicherheitsvorkehrungen rund um das Getto, wie Roms jüdisches Viertel genannt wird: 800 Polizisten und Carabinieri bewachten den Papst-Besuch.

Gebet mit Flüchtlingen

Beim Angelusgebet wenige Stunden zuvor hatte Franziskus Flüchtlinge dazu aufgerufen, Hoffnung und Lebensfreude nicht zu verlieren: "Jeder von euch trägt in sich eine Geschichte, eine Kultur und kostbare Werte." 7000 Migranten hatten sich anlässlich des Weltflüchtlingstages auf dem Petersplatz versammelt. "Oft habt ihr Elend, Unterdrückung und Angst erfahren", sagte Franziskus. "Eure Präsenz hier ist ein Zeichen für die Hoffnung, die ihr in Gott setzt."

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