Gysi von Israel-Gegner bis auf Toilette verfolgt

Die Geschichte wirkt fast schon skurril: Ein Aktivist aus der Israel-kritischen Szene verfolgt den Linken-Fraktionschef Gregor Gysi bis in den Vorraum einer Toilette im Berliner Bundestag. Er filmt dabei den Vorgang und stellt ihn anschließend ins Netz. "Wollen Sie Verantwortung übernehmen", schreit er den deutschen Politiker an. Gysi, sichtlich erschrocken, drückt gegen die Tür und brüllt: "Raus! Raus mit dir!"
Der "Stalker" ist ein kanadischer Journalist, der in Israel lebt. Er wurde von zwei Parlamentarierinnen nach Berlin eingeladen. Der Journalist warf Gysi vor, ihn öffentlich als Antisemiten bezeichnet und damit Drohungen ausgesetzt zu haben. Der Chef der größten Oppositionspartei Deutschland wies das zurück. An der Aktion war auch ein weiterer Israel-kritischer Journalist aus den USA beteiligt.
Empörung
Die Aktion hat in der Linken-Fraktion für große Empörung gesorgt, am Dienstagabend diskutierten die Abgeordneten darüber bis in den frühen Abend auf einer Sitzung.
Der Journalist war von den Linken Abgeordneten Inge Höger und Annette Groth zu einer Diskussionsveranstaltung nach Berlin eingeladen worden. Der Parlamentarier Michael Leutert forderte die Beiden in der Bild-Zeitung zur Niederlegung ihres Mandats auf. Fraktionsvize Sahra Wagenknecht wies die Forderung zurück: "Die Hetzjagd hier haben ja nicht die Abgeordneten gemacht", sagte sie am Mittwoch in Berlin.
Entschuldigung
Die beiden Abgeordneten haben sich inzwischen für den Vorfall entschuldigt. Sie hatten schon 2010 für Aufsehen gesorgt, weil sie auf dem türkischen Schiff "Mavi Marmara" waren, das auf dem Weg nach Gaza von israelischen Soldaten gestürmt wurde. Dabei wurden neun Aktivisten getötet.
Bundestagspräsident Norbert Lammert will nun Hausverbote gegen die Israel-Kritiker verhängen, die Gysi bedrängt und verfolgt haben. Ein entsprechendes Verfahren sei eingeleitet worden, teilte die Bundestagsverwaltung am Mittwoch mit. Jeder Versuch, auf Mitglieder des Deutschen Bundestages physischen Druck auszuüben, sie körperlich zu bedrängen und damit die Wahrnehmung der Aufgaben des Hauses zu gefährden, sei indiskutabel und müsse unterbunden werden, erklärte Lammert zur Begründung.
Diskussion um Antisemitismus
Es ist nicht das erste Mal, dass in der Linken über Antisemitismus gestritten wird. 2011 wurde erst nach tagelanger Diskussion und als Reaktion auf scharfe Israel-Kritik ein Bekenntnis zum Existenzrecht des israelischen Staates ins Grundsatzprogramm aufgenommen.
Kommentare