Grande Finale für den Guru der Herzen

Es passiert nicht oft, dass Bundeskanzler Werner Faymann auf jemanden warten muss. Samstag Früh nutzte er diese ungewöhnliche Situation für einen Plausch mit Kardinal Christoph Schönborn. Beide harrten auf die Ankunft des Dalai Lama im Wiener Haas-Haus. Man traf einander zum Frühstück.
"Wen ich treffe, entscheide ich selbst", erklärte der Kanzler auf die Frage nach der Missbilligung des Treffens durch China. " Österreich hat sich immer und überall für Menschenrechte eingesetzt, das ist typisch für unser Land. Außerdem treffe ich immer wieder Intellektuelle und herausragende Persönlichkeiten, also auch den Dalai Lama." Chinesische Sanktionen fürchte er nicht, man habe "ein sehr gutes Verhältnis zu China".
Dann fuhr der Ehrengast vor. Das einstündige Gespräch drehte sich um Umweltschutz, Menschenrechte und die Schere zwischen Arm und Reich. Der Dalai Lama lobte Österreichs geringe Jugendarbeitslosigkeit. Als Auftrag gab er dem Kanzler mit: Österreich möge sich auch weiterhin für eine nachhaltige Umwelt einsetzen. Da habe man eine wichtige Rolle in der EU.
Freies Tibet

Nachmittags beendete der Dalai Lama mit einem Auftritt bei der Solidaritätskundgebung für Tibet seine Österreich-Tournee. Der letzte Akt auf dem Wiener Heldenplatz gehört damit seinem Herzensanliegen: Einem freien oder zumindest autonomen Tibet.
Viele der Tausenden Tibet-Fans hatten eine weite Anreise hinter sich. Sebastian Hokner etwa, ein 45-jähriger Münchner, war bereits um 4 Uhr Früh in den Zug gestiegen, um rechtzeitig zur Dalai-Lama-Rede auf dem Heldenplatz zu sein. Ob er daran glaube, dass sich die Lage für Tibet irgendwann verbessere? "Mit Beharrlichkeit können die Menschen durchaus etwas verändern, wie sich auch schon beim Fall der Berliner Mauer gezeigt hat", sagte der Mitarbeiter einer Gesellschaft für Menschenrechte.
Etwas verändern, zumindest ein Zeichen setzen, wollten am Samstag viele. "Friedlicher Dialog", "Tibet braucht dich", "Menschenrechte für Tibet" und "Langes Leben für Dalai Lama", waren die Botschaften, die vom Wiener Heldenplatz ausgeschickt wurden.
Friedensdemo
Trotz brütender Hitze beteiligten sich Samstagnachmittag beinahe 10.000 Friedensdemonstranten an der "Solidaritätskundgebung für Tibet" und versprühten ein Gefühl der Freiheit. Tibeter, Schweizer, Deutsche, Japaner, Österreicher und Filipinos saßen in der Wiese, genossen die Sonne, klatschten zur groovigen Musik von Harri Stojka und jubelten, als die langjährige Tibet-Unterstützerin Francesca Habsburg einen bedeutenden Satz ins Mikrofon sprach: "China hat vor dem Dalai Lama Angst, weil er Hoffnung für jeden bringt".
Musiker und Vorredner konnten sich noch so sehr anstrengen: Die gewaltigen Kreisch-Chöre galten dann einem ganz anderen "Popstar", der mit breitem Lachen auf die Bühne trat. Der Dalai Lama bedankte sich bei den Menschen für die große Solidarität und bat weiterhin um Unterstützung, "damit die Kultur und Religion Tibets bewahrt werden." Erneuter Jubel brach aus.
"Ich kann mitfühlen, wie es den Menschen in Tibet geht. Ich war DDR-Bürgerin und weiß, wie es ist, von der Regierung eingesperrt zu werden", sagt Sabine Ivanovic. Die 53-Jährige sucht immer wieder die Nähe des Dalai Lama, weil sie seinen Geist spüren will. Sein Optimismus und seine Beharrlichkeit bewegen. Und Sebastian Hokner ergänzt: "Ich bin mir sicher, dass die Wende in Tibet kommen wird. Die Wiedervereinigung Deutschlands kam auch friedlich und über Nacht".
Wie ein Österreicher sein Treffen mit dem Dalai Lama empfunden hat, lesen Sie hier.
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