Kapitän des Flüchtlingsboots war schwer betrunken

Nach der bisher größten Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer mit über 850 Toten, erheben sizilianische Staatsanwälte schwere Vorwürfe gegen den Kapitän, der das
Flüchtlingsboot steuerte. Der Mann aus Tunesien habe durch Navigationsfehler und falsche Manöver die Kollision mit dem Handelsschiff "King Jacob" verursacht. Außerdem sei der Kapitän schwer betrunken gewesen und habe Haschisch geraucht, wie einige der nur 28 Überlebenden des Unglücks berichten.
Ein gemeinsames Vorgehen gegen die "moderne Sklaverei" forderte Premier Matteo Renzi bei seiner Rede nach einer Schweigeminute im Parlament. Beim heutigen EU-Sondergipfel in Brüssel pocht die italienische Regierung auf eine Stärkung der Präsenz internationaler Organisationen in Libyen: "Es ist wichtig, dass die EU mit UN-Hilfe in Libyen anwesend ist." Man müsse gemeinsam gegen Schlepper vorgehen und die Abfahrt der Flüchtlinge aus Nordafrika stoppen. Für Kriegs- und Krisenländer in Afrika sei "eine tiefgreifende Strategie" erforderlich. Asylanträge sollten künftig von einem gemeinsamen EU-Team bearbeitet werden.
Überlebende berichten indessen von dramatischen Szenen, die sich in der Nacht auf Sonntag auf dem gekenterten Schiff abgespielt haben. Fünf Minuten lang habe es gedauert, bis das Schiff in den Wellen versank. "Aus dem Bug drangen herzzerreißende Schreie, Hunderte Leute, darunter viele Kinder, die dort eingesperrt waren, hatten keine Chance zu entkommen", berichtet ein schwer traumatisierter 17-jähriger Junge aus Eritrea. "Unser Boot schlug mindesten drei Mal gegen den Frachter, die Leute gerieten in Panik und rannten auf eine Seite des Decks. Das brachte das Boot zum Umkippen."
Kritik an Österreich
Auf sofortige "politische Lösungen auf internationaler Ebene" drängt auch die italienische Polizeigewerkschaft. Diese übte erneut Kritik an Österreichs strengen Flüchtlingskontrollen am Brenner. 5000 Flüchtlinge wurden 2014 nach Italien zurückgeschickt. Das stößt auf Unverständnis, wie Polizeigewerkschaftssprecher Mario Deriu betont: "Sinn der trilateralen Polizeistreifen ist Prävention und Verbrechensbekämpfung. Aber wer vor Terror, Krieg und Gewalt flieht, begeht doch kein Verbrechen." (Mehr dazu hier)
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