Fährunglück: "Habe die Toten vor mir"

Ein Mann hält einen Teddybären mit einem T-Shirt mit der griechischen Flagge.
Der Salzburger Erwin Schrümpf war unter den letzten geretteten Passagieren. Das Schiff wird abgeschleppt.

Was die Leute in der Lage sind, einander anzutun ..." Erwin Schrümpf sah Menschen, die sich um Rettungswesten prügelten, Menschen, die wegen eines Platzes näher am Helikopter Raufereien begannen. Und Menschen, die in die meterhohen Wellen sprangen: Der 50-jährige Salzburger war Montagnacht unter den letzten Passagieren, die vom brennenden Fährschiff "Norman Atlantic" geborgen wurden.

Am Silvestertag schaffte es der Initiator einer privaten Griechenlandhilfe, nach Hause zu kommen, ebenso die beiden Vorarlberger Cengiz und Nuriye Hazir. Zwei Tiroler kamen am bereits am Vortag erschöpft daheim an.

Schrümpf war auf der Heimfahrt nach einem Hilfsprojekt, als er Sonntagfrüh eine Frau von Feuer an Bord der Fähre sprechen hörte. Als er auf das Oberdeck ging, sah er einen Bus in Flammen stehen. Als sich das Feuer weiter ausbreitete, sei Panik ausgebrochen und mehr als 400 Passagiere waren sich großteils selbst überlassen.

Überforderte Crew

Von der Crew sei kaum jemand zu sehen gewesen. "Hat man doch einmal jemanden erwischt, hat es nur Schulterzucken gegeben." Löschversuche an Bord habe er keine bemerkt, schildert Schrümpf. Die Hilfe von Löschschiffen wurde eingestellt. "Durch das Löschwasser waren alle durchnässt, die Finger waren so klamm, dass man sich nicht anhalten konnte. Bei Temperaturen von fünf bis zehn Grad ist man ruckzuck erfroren." Die Rettungsboote seien verbrannt.

Die Rettungshubschrauber konnten anfangs nicht mehr als zwei, drei Personen pro Flug aufnehmen. Für Schrümpf hieß das: Fast zwei Tage an Bord ausharren. Die Luft sei eisig gewesen, der Boden heiß. "So heiß, dass man mit den Schuhsohlen kleben geblieben ist." Montagabend kam er endlich auf ein Schiff der italienischen Marine. "Hochachtung vor diesen Leuten, die haben professionell gearbeitet."

Bevor er sich im Februar wieder zum nächsten Hilfsprojekt aufmacht, will er versuchen, das Erlebte zu verarbeiten. "Problematisch wird’s, wenn ich die Bilder sehe. Dann habe ich auch die Toten wieder vor mir. Die, die gesprungen sind. Und die, die erstickt sind."

13 Todesopfer hat das Unglück nach offizieller Aussage gefordert. Gerettet worden seien 427 Menschen. Doch laut Staatsanwalt Giuseppe Volpe sei unklar, wo jene 98 Menschen sind, deren Namen auf Passagierlisten standen. Die Anzahl der Toten könnte also noch steigen. Auf wie viele, wird sich herausstellen, wenn das Schiff am Freitag im Hafen ankommt.

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