"Ezadeen": Flüchtlinge zahlten bis zu 8000 Dollar

Die „Ezadeen“ liegt vor Anker, während Rettungskräfte und Migranten an Land gehen.
Nach dutzenden Stunden auf hoher See verließen die 360 Syrer den führungslosen Frachter in Italien.

Die Flüchtlinge auf dem führungslosen Frachter " Ezadeen" haben bis zu 8000 Dollar für ihre Überfahrt gezahlt. Der Präfekt des süditalienischen Cosenza, Gianfranco Tomao, sagte am Samstag unter Berufung auf Aussagen der 360 Flüchtlinge, die das Schiff im Hafen von Corgliano verließen, sie hätten 4000 bis 8000 Dollar (3320 bis 6640 Euro) an die Schlepper gezahlt.

Die aus Syrien stammenden Flüchtlinge waren über den Libanon per Flugzeug in die Türkei gereist, wo sie an Bord der " Ezadeen" gingen. Laut dem Präfekten hatten die Besatzungsmitglieder stets das Gesicht verhüllt, bevor sie die Brücke verließen und das Schiff führungslos vor Italien im Meer treiben ließen.

Schlepper mischen sich unter Flüchtlinge

Demnach ist es möglich, dass sich die Schlepper unerkannt unter die Flüchtlinge mischten, um mit ihnen schließlich das Schiff zu verlassen. Die italienischen Behörden hatten die "Ezadeen" am Donnerstagabend manövrierunfähig 150 Kilometer vor der Küstenstadt Crotone in Kalabrien gefunden.

Sechs Vertreter der Küstenwache wurden am Freitag schließlich von einem Marine-Hubschrauber auf den Frachter abgeseilt und übernahmen das Kommando an Bord. Am Freitagabend traf das 73 Meter lange Schiff, das eigentlich für Viehtransporte vorgesehen ist, in Corgliano ein. Die Flüchtlinge wurden auf mehrere Unterkünfte in Süditalien verteilt. Erst am Mittwoch hatte die Marine die Kontrolle über ein anderes führerloses Schiff mit hunderten Flüchtlingen übernommen.

Nach dutzenden Stunden auf hoher See sind 450 Flüchtlinge vor der Küste Italiens in Sicherheit gebracht worden. Der führerlose Frachter "Ezadeen" mit den Migranten an Bord erreichte am späten Freitagabend begleitet von der Küstenwache den Hafen der kalabrischen Stadt Corigliano Calabro, wie die Küstenwache mitteilte. Viele der Flüchtlinge an Bord des unter der Flagge Sierra Leones fahrenden Frachters waren unterkühlt, sind aber wohlauf und wurden in ein Aufnahmelager gebracht. Laut den Behörden stammen sie mehrheitlich aus Syrien. An Bord befanden sich auch viele Familien mit Kindern.

Sie waren am Donnerstag bei ihrer Flucht über das Mittelmeer von der Besatzung des Frachters im Stich gelassen worden. Die Küstenwache entdeckte den zweiten führerlosen Frachter innerhalb weniger Tage und leitete die Rettung ein.

Neue Strategie der Schlepper

Das internationale Seerecht verpflichtet Seefahrende dazu, Schiffbrüchigen oder Passagieren havarierender Boote zu helfen. Diese Klausel haben Schlepper auch in der Vergangenheit immer wieder ausgenutzt. Meist setzten sie bisher aber Flüchtlinge auf kaum seetüchtigen Schlauch- oder Fischerbooten aus. Die Verwendung großer Frachtschiffe, die kurz vor der Verschrottung stehen, stellt eine neue Strategie dar.

Menschenschmuggler würden pro Kopf 1.000 bis 2.000 Dollar kassieren, was bei einer Passagierzahl wie im Fall der "Blue Sky M" ein Millionengeschäft sei, erklärte die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Freitag in Genf. Zudem können die Frachter im Gegensatz zu kleineren Fischerbooten auch im Winter, bei höherem Wellengang, die Überfahrt von Nordafrika bewältigen.

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