Ebola: Sieben Helfer in Guinea ermordet

Nach einem Überfall wütender Dorfbewohner auf Mitarbeiter einer Ebola-Aufklärungskampagne im westafrikanischen Guinea sind sieben verschleppte Helfer tot aufgefunden worden. Ihre Leichen seien aus dem Abwassertank einer Volksschule in der Ortschaft Wome geborgen worden, sagte ein Regierungssprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP.
Die Helfer seien "kaltblütig ermordet" worden. Nach Polizeiangaben hatten Bewohner des Dorfes nahe der Stadt N'zerekore am Dienstag bei Protesten gegen die Aufklärungskampagne mehrere örtliche Gesundheitsvertreter und Journalisten verschleppt.
"Ebola: Eine Erfindung der Weißen, um die Schwarzen zu töten"
Demnach wurde der Zugang zum Dorf von den Bewohnern abgeriegelt. Die Dorfbewohner hätten die Aktivisten mit Steinen und Stöcken angegriffen, mindestens 21 Menschen seien verletzt worden. Die Demonstranten verdächtigten die Mitglieder des Aufklärungsteams demnach, die Dorfbewohner töten zu wollen. Ihrer Meinung nach sei "Ebola eine Erfindung der Weißen, um die Schwarzen zu töten", sagte ein Polizeibeamter.
Der Gouverneur von N'zerekore sagte am Donnerstagabend im Radio, Ebola sei "eine sehr gefährliche Krankheit, aber diejenigen, die glauben, Ebola existiere nicht, sind noch gefährlicher als die Krankheit selbst". Die rasante Verbreitung des Ebola-Virus in Westafrika führt immer wieder zu Wutausbrüchen innerhalb der Bevölkerung. Bereits Ende August gab es in N'zerekore Ausschreitungen mit mindestens 55 Verletzten, woraufhin eine Ausgangssperre verhängt wurde. Damals hatten Händler gegen ein Aufklärungsteam protestiert, das ihren Angaben zufolge ohne Vorankündigung Desinfektionsmittel auf ihrem Markt versprühte.
Dreitätige Ausgangssperre in Sierra Leone
Zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Sierra Leone hat in dem westafrikanischen Land am Freitag eine dreitätige Ausgangssperre begonnen. Bis zum Sonntag sollen Gesundheitsarbeiter von Haus zu Haus gehen, um die Bevölkerung über das Virus aufklären und mögliche Ebola-Kranke ausfindig machen. Zudem soll so eine weitere Ausbreitung der Seuche verhindert werden. "Wir müssen die Bewegungsfreiheit für alle Bürger einschränken, um direkten Körperkontakt zu vermeiden", sagte Regierungssprecher Abdulai Baratay.
Lokalen Medien zufolge sind rund 21.000 Helfer damit beauftragt, den Menschen Vorbeugemaßnahmen zu erklären und insgesamt 1,5 Millionen Stück Seife zu verteilen. Die Ausgangssperre sei deshalb vor allem als erzieherische Maßnahme gedacht, hatte der Chef der Notfallbehörde (EOC), Steven Gaojia, im Vorfeld betont.
Experten stehen dem Schritt kritisch gegenüber. Es bedürfe Helfer mit viel Erfahrung, um bei einem solchen Tür-zu-Tür-Screening Menschen mit Ebola-Symptomen auszumachen, hatte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) bereits vor Tagen mitgeteilt. Zudem gebe es nicht genug Ebola-Zentren, um eventuelle neue Patienten aufzunehmen. Ohne Platz zur Untersuchung und Behandlung von Verdachtsfällen habe das ganze Vorhaben keinen Sinn.
Der Moment der Stille. Auf dem Friedhof am Stadtrand von Kailahun City, im östlichen Zipfel von Sierra Leone. Der Wiener Allgemeinmediziner hat bei seinen Einsätzen in Krisengebieten viel erlebt. Seit 15 Jahren arbeitet Michael Kühnel ehrenamtlich fürs Rote Kreuz, oft im Ausland. Er war auch dabei, als den Helfern nach dem Tsunami im Dezember 2004 in Indonesien nichts anderes übrig blieb, als tote Körper in Säcke zu packen und massenweise wegzutragen.

15 Säcke pro Tag
Michael Kühnel, der in Wien-Währing eine private Ordination leitet und in Hamburg eine Zusatz-Ausbildung zum Tropenmediziner absolviert hat, arbeitete von Mitte Juni bis Mitte Juli im Distrikt Kailahun, an der Grenze zu Guinea und Liberia. Zuvor wurden die Menschen dort von einem Bürgerkrieg bedroht. Jetzt von einem Virus. Der hat sich von hier rasant in der Region ausgebreitet.
Langsam erholt sich der Helfer von seinem Einsatz: "Der psychische Druck war enorm." Er musste mitansehen, wie täglich bis zu 15 weiße Säcke vom Krankenhaus zum nahe gelegenen Friedhof geschleppt wurden.

Hatte er dabei selbst Angst? "Angst nicht, aber Respekt. Wenn man sich an die vorgegebenen Richtlinien hält, bleibt das Risiko einer Ansteckung im Promillebereich." Das Virus zwingt die Menschen auch dazu, auf gängige Höflichkeitsfloskeln zu verzichten: "Ich habe einen Monat lang keinem Menschen die Hand gegeben."
Und seine Familie? "Meinen Eltern habe ich nur gesagt, dass ich auf eine Schulung nach Afrika fahre." Was grundsätzlich nicht gelogen war. "Meine Frau war selbst schon öfter ehrenamtlich in Krisengebieten tätig, als Logistikerin. Wir kennen also beide Seiten von so einer Mission." Derzeit sammelt der Arzt neue Kraft. Wie es aussieht, könnte er in zwei Wochen schon wieder ins Krisengebiet berufen werden. Möglicherweise sogar gemeinsam mit seiner Frau.
Endlich Hilfe!

Und da war diese Morgenbesprechung im Krankenhaus: "Als wir erfahren haben, dass der erste Patient die Krankheit überstanden hat. Gut vierzig Leute waren bei dieser Besprechung. Helfer aus dem Ausland, Einheimische, Ärzte, der Bürgermeister. Und plötzlich haben wir alle zu tanzen begonnen."
Thomas Rassinger war vier Wochen in einem Krankenhaus in Monrovia, der Hauptstadt Liberias, im Einsatz. Der 35-jährige Klagenfurter gilt als erfahrener Logistiker, war zuvor für Ärzte ohne Grenzen im Süd-Sudan, in Darfur, Uganda, Äthiopien, Pakistan und auf den Philippinen. Rassinger half als Projekt-Koordinator in einem Team von 60 internationalen und 800 nationalen Mitarbeitern. KURIER-Redakteur Uwe Mauch sprach mit ihm nach dem Ende seiner Mission.
KURIER: Herr Rassinger, wie ist Ihr Einsatz konkret verlaufen?Thomas Rassinger:Mein Ebola-Einsatz stellte alles bei Weitem in den Schatten. Es ist schwer, sich einzugestehen, dass man dem Ausbruch nicht gewachsen ist, und dass wir alleine nicht genug Mittel haben, um der Lage Herr zu werden.
Was ging Ihnen bei Ihrer täglichen Arbeit persönlich nahe?
Eine meiner Aufgaben ist es, Leute mit Ebola-Symptomen zurück zu ihren Familien zu schicken, weil wir einfach keinen Platz mehr im Krankenhaus haben. Zu wissen, dass diese Menschen alleine und ohne Hilfe sterben werden und ziemlich sicher auch andere Familienmitglieder anstecken, ist sehr schwer zu ertragen. Das ist unmenschlich, aber wir haben keine andere Wahl.
Gibt es auch Hoffnung?
Der einzige positive Tag war, als wir die ersten Überlebenden aus unserem Krankenhaus entlassen konnten. Es tat gut zu sehen, dass doch ein paar Menschen das Virus überleben können.
Der Internationale Währungsfonds will 100 Millionen Euro für die betroffenen Länder flüssig machen. Was brauchen die Menschen am dringendsten?
Sie brauchen internationale Unterstützung, die diesen Namen auch verdient. Wenn man vergleicht, wie viel Hilfe für die Philippinen nach dem Taifun geleistet wurde – ich war damals selbst vor Ort – und wie wenig die Staatengemeinschaft bei diesem Ebola-Ausbruch hilft, dann ist das tragisch und auch beschämend.
Geben Sie uns bitte eine Vorstellung von den realen Problemen der Betroffenen.
Man muss sich einen tödlichen Virus vorstellen, der plötzlich über eine Stadt hereinbricht. Man hat kein Geld, um sich zu schützen, jede Berührung mit einem Fremden oder kranken Familienmitglied kann zum Todesurteil werden. Durchfall, jedes Fieber kann ein erstes Anzeichen sein, dass man unheilbar krank ist und womöglich auch sterben wird. Mir war schon bewusst, dass dieser Einsatz schwierig und gefährlich werden wird. Mir war nur das Ausmaß der Katastrophe nicht bewusst.
Hatten Sie Angst?
Ich bin mir der Risiken bewusst, aber ich verlasse mich auf Ärzte ohne Grenzen, die langjährige Erfahrung in der Behandlung von hochansteckenden Infektionskrankheiten haben, und auf mein eigenes Können und Wissen. Die Frage ist immer, ob der Nutzen, den man vor Ort bringt, das Risiko wert ist. Und das ist hier eindeutig der Fall.
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