Die letzte Reise der Costa Concordia hat begonnen

Zweieinhalb Jahre nach der Havarie mit 32 Toten hat das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia seine letzte Reise zur Verschrottung nach Genua begonnen (Livestream). Gegen 11.00 Uhr nahm der Kreuzfahrtriese den Kurs auf Genua bei einer Geschwindigkeit von 1,9 Knoten auf. Vor Beginn der Fahrt war das Wrack um 90 Grad in Richtung Norden gedreht worden.
Reise nach Genua
Die Reise nach Genua wird voraussichtlich vier Tage dauern. Vier Schlepper - zwei am Bug und zwei am Heck - ziehen die Costa Concordia bis zur Verschrottung nach Genua. 14 Schiffe insgesamt begleiten den Transport auf der gut 350 Kilometer langen Strecke in die ligurische Hafenstadt. Die Route führt entlang der französischen Insel Korsika nach Norden. Die größte Gefahr für das stark beschädigte Schiff sind starke Winde und hohe Wellen auf dem offenen Meer. Täglich wird das Schiff rund 50 Seemeilen (92,6 Kilometer) zurücklegen. Am Mittwochabend soll das Wrack unweit der Insel Elba unterwegs sein.
An Bord der Costa Concordia befinden sich zwölf Personen. Ein Kontrollraum wurde in der Havarie eingerichtet. Schiffe halten sich zum Einsatz bereit, sollte es zu umweltgefährdenden Zwischenfällen kommen. Schiffe der Küstenwache und der italienischen Polizei sorgen dafür, dass sich niemand in einem Umkreis von drei Seemeilen unerlaubt dem Costa-Concordia-Konvoi nähert. Auch der Flugraum über dem Gebiet, das vom havarierten Luxusliner befahren wird, wird geschlossen.
Der Abschied
Belastung für die Insel
Sirenen im Hafen und Kirchenglocken ertönten auf der Insel Giglio, die sich damit von dem am 13. Jänner 2012 gestrandeten Kreuzfahrtriesen verabschiedete. Hunderte Einwohner, Touristen und Journalisten feierten den Beginn der letzten Reise des Wracks, der am 13. Jänner 2012 vor seiner Küste gestrandet war. Schon seit dem frühen Mittwoch waren Menschen zum Hafen der Insel geströmt, um die letzten Phasen der Vorbereitungen für den Abtransport zu beobachten. "Wir sind überglücklich, ein Albtraum ist zu Ende gegangen. Wir hoffen jetzt, dass alles unternommen wird, um alle Spuren dieser Tragödie wegzubringen", kommentierte der Bürgermeister der Giglio Sergio Ortelli.
Die 1.500 Einwohner der 16 Kilometer westlich der toskanischen Küste liegenden Insel hatten in der Unglücksnacht ihre Schulen, Kindergärten, Kirchen und Privathäuser geöffnet und die Überlebenden der Havarie der Costa Concordia spontan mit Decken, Mänteln und heißen Getränken versorgt. Seit dieser Nacht haben die Bewohner Giglios Schritt für Schritt alle Etappen der Bergung der Costa Concordia verfolgt.
Die am 14. Juli begonnene Operation zum Abtransport nach Genua hat der Insel größere Unannehmlichkeiten beschert, die auch die Sommersaison zum Teil beeinträchtigt haben. In diesen Tagen wurde die Zahl der Fähren, die die Toskana mit der Insel verbinden, stark reduziert. Auch der Zugang der Touristen zu den Stränden wurde stark eingeschränkt. Rund um die Costa Concordia herrscht strengstes Fahrverbot für Boote. Am Mittwoch ist die Insel Giglio ganz vom Rest der Welt abgeschnitten.
Segen für Genua
Das Eintreffen in Genuas Hafen Voltri nahe der Werft Sestri Ponente, wo die Costa Concordia für 450 Millionen Euro gebaut und im September 2005 vom Stapel gelaufen war, gilt als besonders heikle Operation. Koordiniert wird sie vom Cheflotsen des Hafen Genuas, Giovanni Lettich. Er war auch bei der Einweihung der Costa Concordia an Bord des Schiffes.
Für den Hafen Genua ist die Ankunft der Costa Concordia ein Segen. Zwei Jahre lang sollen dann einige hundert Arbeiter mit dem Abwracken beschäftigt sein und damit über sichere Arbeitsplätze in einer Stadt mit hoher Arbeitslosigkeit verfügen. Bis zu 100 Millionen Euro könnte das Verschrotten verschlingen, heißt es. Um das Abwracken hatten sich zahlreiche Häfen von der Türkei bis Norwegen beworben. Die Regierung Renzi hatte jedoch auf das Verschrotten des Wracks in Italien gedrängt.
Der Auftrag zum Abwracken ging an ein Konsortium der Ölfirma Saipem und der genuesischen Unternehmen Mariotti und San Giorgio. Um die Costa Concordia sollen Barrieren errichtet werden, um zu verhindern, dass gefährliche Stoffe ins Wasser gelangen. In einer ersten Phase sollen Möbel und die gesamte Inneneinrichtung der Costa Concordia entfernt werden. Erst danach kann die Abwrackung beginnen.
Der Fall Costa Concordia
Kein Abfall
"Von alten Schiffen wird nichts weggeworfen. Sie enthalten eine Menge von Rohmaterial", berichtete der Genueser Ingenieur Piero Costa. Die in Luxemburg beheimatete Stahlgruppe Duferco hat bereits das Stahl erworben, das aus der Costa Concordia geholt wird. Zehntausende Tonnen sollen wieder verwertet werden, berichtete Dufercos Geschäftsführer Antonio Gozzi. 270 Euro pro Tonne wird Duferco für das Stahl der Costa Concordia zahlen. "Es handelt sich um Stahl guter Qualität. Wir werden es schmelzen, um Material für die Bauwirtschaft herzustellen", sagte Gozzi.
Duferco beliefert die Schiffwerft Fincantieri, die die Costa Concordia gebaut hat. "Daher schließe ich im Grunde nicht aus, dass das Stahl der Costa Concordia von unseren Fabriken stammte", sagte Gozzi.
Kommentare