Busunglück bei Dresden: Haftbefehl gegen Fahrer

Ein schwer beschädigter „Sindbad“-Doppeldeckerbus wird von einem Kran angehoben.
Mit einem Auffahrunfall hatte der 44-Jährige eine dramatische Kettenreaktion ausgelöst.

Nach dem schweren Unfall mit zehn Todesopfern auf der Autobahn 4 bei Dresden richten sich die Ermittlungen nun auf den Fahrer des polnischen Doppeldeckerbusses. Der 44-Jährige war in der Nacht zum Samstag auf einen vor ihm fahrenden Reisebus aus der Ukraine aufgefahren und hatte dadurch eine Katastrophe ausgelöst.

Der polnische Bus kam daraufhin dadurch ins Schleudern, durchbrach die Mittelleitplanke und stieß dort mit einem entgegenkommenden Kleinbus zusammen, der ebenfalls aus Polen stammte. Der Doppeldeckerbus stürzte etwa zehn Meter eine Böschung hinunter und überschlug sich. Zehn Menschen starben, 69 wurden verletzt, 39 davon schwer. Rund 150 Mitarbeiter von Feuerwehr und Rettungsdienst waren im Einsatz. Die Verletzten kamen in Krankenhäuser in Dresden, Pirna und Radebeul. Viele Reisende hatten Schürfwunden, Prellungen, Brüche oder einen Schock.

Haftbefehl

Unterdessen geht die Suche nach der Unfallursache weiter. Der 44-jährige Fahrer des polnischen Doppeldeckers vom Typ Setra 431 DT konnte mittlerweile befragt werden, er verweigerte aber die Aussage. Gegen ihn beantragte am Sonntag die Staatsanwaltschaft Dresden Haftbefehl wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung. "Wir gehen davon aus, dass er zum Unfallzeitpunkt nicht in der Lage war, das Fahrzeug zu führen - wegen Übermüdung" sagte Sprecher Lorenz Haase. Dass der Fahrer am Steuer eingeschlafen sein könnte, halten Experten allein wegen des Unfallzeitpunktes kurz vor 2.00 Uhr auf jeden Fall für möglich.

Fahrer als Lebensretter

Einer der beiden Fahrer des polnischen Reisebusses erwies sich bei dem Unfall offenbar als Lebensretter. Wie eine Überlebende dem polnischen Nachrichtensender TVN 24 berichtete, hat der Mann Verletzte aus dem umgekippten Wrack gezogen. "Der Bus stürzte um, ich stürzte, ich weiß nicht, wie es passiert ist", so die Frau. "Alles ging so schnell."

"Er hat mir das Leben gerettet", meinte die Frau, die in einer der hinteren Reihen saß, und von dem Chauffeur geborgen wurde . "Sie kann sich nicht an viel erinnern, nur dass sie den Rettungsdienst angerufen hat", sagte die Schwester einer anderen Buspassagierin, die bei dem Unfall einen Wirbelbruch erlitten hatte. Ihre Schwerster habe als einzige der Reisenden Deutsch gesprochen.

Sieben Tote identifiziert

Inzwischen erklärte auch die polnische Regierung, dass ein Teil der zehn Todesopfer noch nicht identifiziert sei. "In sieben Fällen haben wir bestätigt, dass es sich um polnische Opfer handelt", sagte Marcin Wojciechowski, der Sprecher des polnischen Außenministeriums, am Sonntag in Warschau. Bei drei Opfern müsse die Identität noch geklärt werden. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Zahl der Opfer noch steigen wird", sagte er.

Stundenlange Sperren

Die A4, die von Eisenach in Thüringen bis nach Görlitz an der Grenze zu Polen führt, war an der Unfallstelle bis zum frühen Nachmittag voll gesperrt. Da das Unglück mit dem Beginn der Sommerferien in Sachsen zusammenfiel, bildeten sich lange Staus. Durch Umleitungen waren auch Teile des Dresdner Straßennetzes verstopft.

Schockiert, aber wenig überrascht - so haben viele Polen in Internetforen auf den Unfall zweier polnischer Busse mit mindestens zehn Toten auf der A4 bei Dresden reagiert. "Ich fühle mich immer wie beim russischen Roulette", schrieb eine Frau über ihre Erfahrungen in Fernreisebussen im polnischen Onlineportal "Onet.pl".

Eine andere Frau aus dem ostpolnischen Hrubieszow schrieb über eine Busfahrt in die Niederlande: "Der Fahrer raste so, dass er zwei Strafmandate bekam. Es half nichts. Ich betete, dass ich glücklich ankomme."

In den Diskussionen über den Unfall vermuteten viele angesichts der hohen Zahl an Verletzten, dass zahlreiche Passagiere wohl nicht angeschnallt waren. "Ich bin erst am vergangenen Montag mit einem Bus (der Firma des verunglückten Reisebusses) von England nach Polen gefahren, und mein Sohn und ich waren die einzigen, die Sicherheitsgurte angelegt hatten", schrieb eine Frau.

Andere erinnerten an die Toten und Verletzten des Unfalls. "Eine Tragödie für die Opfer und ihre Familien", kommentierte Caroline auf der Webseite der Tageszeitung "Nowa Trybuna Opolska". "Wie kann es nicht zu Unfällen kommen? Diese Fahrer arbeiten bis zu 16 Stunden am Tag."

In Polen ist es in der Vergangenheit wiederholt zu schweren Busunglücken mit vielen Toten und Verletzten gekommen. Häufig waren überhöhte Geschwindigkeit, übermüdete Fahrer oder veraltete Busse in schlechtem technischen Zustand im Spiel.

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