Evakuierung abgeschlossen: Kapitän ging als Letzter
Der Kapitän der Sonntagfrüh in Brand geratenen Adria-Fähre "Norman Atlantic", Argilio Giacomazzi, hat am Montag um 14.50 das Schiff verlassen. Dies teilte die italienische Küstenwache mit. Damit sei die Evakuierung offiziell abgeschlossen. Zuvor waren alle Passagiere und die weiteren Besatzungsmitglieder von Bord gebracht worden. Insgesamt hatten sich 478 Personen auf dem Schiff befunden, darunter fünf Österreicher. Die Geretteten berichten von Panik und Schlägereien an Bord.
Hoher Wellengang, schlechtes Wetter und beißender Qualm erschwerten die Rettungsbemühungen rund um die havarierte Adria-Fähre. An Bord war am Sonntag aus ungeklärten Gründen ein Feuer ausgebrochen, das die Fähre zwischen der italienischen und albanischen Küste manövrierunfähig machte. Seither wurde versucht, die 478 Menschen an Bord per Hubschrauber zu retten. Das Marine-Schiff "San Giorgio" hatte am Sonntagabend die Einsatzleitung übernommen. Die Flammen an Bord der Fähre waren schon unter Kontrolle.
Panik und Schlägereien an Bord
Überlebende berichteten indes von Schlägereien unter Passagieren, die sich Zugang zu den Rettungsbooten und zu den Hubschraubern sichern wollten. Auch die griechische Sopranistin Dimitra Theodossiou, die an Bord der Fähre nach Italien zu einem Auftritt wollte, wurde in Handgreiflichkeiten involviert. "Die Männer, darunter Iraker, Türken und Pakistani, waren im unteren Teil des Schiffes versammelt worden, denn man wollte Kindern, älteren Menschen und Frauen Vorrang bei der Rettung geben", erzählte die Künstlerin nach Angaben der Online-Ausgabe der Tageszeitung La Repubblica vom Montag. "Die Männer wollten jedoch davon nichts wissen, sie schlugen uns und schoben uns weg, um sich als erste in Sicherheit zu bringen. Ich bin auch geschlagen worden, doch ich habe es geschafft, zum Hubschrauber zu gelangen. Es war schrecklich, ich werde es nie vergessen."
Die Sopranistin wurde von einem Hubschrauber des italienischen Heeres gerettet und unterkühlt ins Krankenhaus der apulischen Stadt Lecce eingeliefert. "Ich habe an Bord auch viel Solidarität erlebt. Menschen nahmen sich an der Hand und machten sich gegenseitig Mut. Sie sagten: 'Wir werden es schaffen'", so die Sängerin.
Ein türkischer Passagier, Saadet Bayhan, berichtete, dass kein Brandalarm ertönt sei. "Die Passagiere haben sich gegenseitig geweckt. Wir haben eine Situation wie an Bord der Titanic erlebt. Zum Glück sind wir nicht zugrunde gegangen", berichtete der Passagier.
Zehn Todesopfer
Das Unglück hat zehn Menschenleben gefordert, wie Renzi am Montag in Rom sagte. Zur Identität der Toten gab es zunächst keine weiteren Angaben.
Bilder vom Rettungseinsatz:
Zu viel Gewicht?

Der Brand war am Sonntag früh vermutlich auf dem Autodeck ausgebrochen, als das Schiff nordwestlich der Insel Korfu war. Die Fähre der griechischen Anek Lines war auf dem Weg von Patras in Griechenland nach Ancona in Italien.
Wie am Sonntag ein Tiroler vom Schiff gerettet wurde, lesen Sie hier.
Die Passagierliste wurde von Corriere della Sera veröffentlicht.
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