Auch Rangfolge beim ADAC-Autopreis manipuliert

Ein gelber ADAC-Abschleppwagen und ein Polizist bei einer Kontrolle.
Noch mehr Hiobsbotschaften beim Autoclub. Die Hersteller retournieren Preise, ADAC-Chef Meyer tritt ab.

Manipulation, Nepp, Vorteilnahme - die deutsche Autofahrer-Institution, lange Zeit Bollwerk der Glaubwürdigkeit, hat schon bessere Zeiten gesehen. Am Montag wurde schließlich der mit Spannung erwartete unabhängige Prüfbericht des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Deloitte veröffentlicht. Dieser kommt zum Schluss, dass nicht nur die Zahlen beim ADAC-Autopreis "Gelber Engel" nach oben frisiert worden waren, sondern auch die Reihenfolge für das Jahr 2014. Es gebe zudem Anhaltspunkte dafür, dass auch in den Vorjahren ähnliche Veränderungen vorgenommen worden seien. Klarheit darüber gebe es aber noch nicht. Die Ergebnisse für die Wettbewerbe der Jahre 2005 bis 2013 würden voraussichtlich in der kommenden Woche kommuniziert.

"Gründe für die falschen Ergebnisse sind Deloitte zufolge sowohl vorsätzliche Veränderungen als auch eine technisch fehlerhafte Verarbeitung der Daten", heißt es in der Mitteilung. "Unsere Untersuchungen haben Prozessschwächen, Fehler in der Datenverarbeitung sowie Manipulationen bei der Wahl zum 'Lieblingsauto 2014' offenbart", sagte der bei Deloitte zuständige Partner Frank Marzluf. Abhängig von den weiteren Ergebnissen werde der ADAC nun rechtliche Schritte gegen den geschassten Kommunikationschef Michael Ramstetter vorbereiten, hieß es weiter.

Die gewichtigen Autohersteller reagierten am Montag nach der Veröffentlichung sofort: Daimler, BMW
und Volkswagen geben alle vom ADAC in den vergangenen Jahren vergebenen „Gelben Engel“ zurück.

Chef tritt ab

Nach langem Zögern zog am Montag auch ADAC-Präsident Peter Meyer die Konsequenzen und trat zurück. Der 64-Jährige legte mit sofortiger Wirkung sein Amt nieder, wie der ADAC Nordrhein mitteilte. "Für Fehler und Manipulationen von hauptamtlichen Führungskräften, denen gemäß ADAC Satzung die Besorgung der laufenden Geschäfte obliegt, möchte ich nicht länger alleine verantwortlich gemacht werden", erläuterte er in der Mitteilung. Meyer war seit 2001 Präsident des Autoclubs; er hatte sich zuvor lange gegen einen geforderten Rücktritt gewehrt.Dass Meyer es sich offenbar kurzfristig anders überlegte, dürfte damit zusammenhängen, dass er nun ohnehin suspendiert worden wäre – und mit seinem Rücktritt kam der ADAC-Chef einer Amtsenthebung zuvor. Angesichts der aktuellen Vertrauenskrise und der erschütternden Ergebnisse der aktuellen Krisenaufarbeitung habe das Präsidium ein Suspendierungsverfahren gegen Peter Meyer beschlossen, teilte der Verein mit.

Dem ADAC, der rund 19 Millionen Mitglieder hat, war auch vorgeworfen worden, seine Rettungshubschrauber für Flüge von ADAC-Funktionären eingesetzt zu haben. Die Statuten erlaubten das in Ausnahmefällen, hatte der Verband dazu zunächst erklärt. Dem Vorgehen wurde später dann aber ein Riegel vorgeschoben.

13. Januar 2014: Der Autofahrer-Club gibt bekannt, dass die Leser der Mitgliederzeitschrift „Motorwelt“ den VW Golf zum „Lieblingsauto der Deutschen“ gewählt hätten.
14. Januar: Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet von Manipulationen. Es soll nur 3409 Stimmen für den Gewinner gegeben haben, laut einem ADAC-Papier waren es 34 299. Der Verein weist den Vorwurf zurück.
16. Januar: Bei der Feier zur Auszeichnung des VW Golf spricht Geschäftsführer Karl Obermair von „Unterstellungen und Unwahrheiten“ und prangert eine „Schande für den Journalismus“ an.
17. Januar: ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter gesteht laut Obermair die Fälschungen, der Verein behält das aber zunächst für sich. Ramstetter übernimmt die alleinige Verantwortung und legt sein Amt nieder.
19. Januar: Nach einem Bericht der „Bild am Sonntag“ räumt der ADAC Manipulationen ein und bestätigt Ramstetters Abgang. Laut Club wussten Präsidium und Geschäftsführung nichts von Unregelmäßigkeiten.
20. Januar: Ramstetter habe auch die Jahre zuvor bei der Umfrage zum „Lieblingsauto“ die Zahlen geschönt, sagt Obermair.
21. Januar: ADAC-Präsident Peter Meyer lehnt einen Rücktritt ab. Die Staatsanwaltschaft München untersucht in einer „Vorprüfung“, ob Straftatbestände berührt sein könnten.
23. Januar: Das Münchner Amtsgericht prüft, ob der Club mit seinen 19 Millionen Mitgliedern den Vereinsstatus behalten darf.
24. Januar: Laut „Stern“ reiste Meyer mit Hubschraubern der ADAC- Luftrettung zu Veranstaltungen. Die Statuten erlaubten das in Ausnahmefällen, sagt ein Sprecher. Es habe binnen zehn Jahren rund 30 solcher Flüge von Präsidiumsmitgliedern zu ADAC-Terminen gegeben.
27. Januar: Die „Bild“-Zeitung berichtet über das Haus eines ADAC-Managers in Bad Homburg. Laut Verein wohnt der Regional- Geschäftsführer Hessen-Thüringen dort zur Miete - für 3230 Euro kalt im Monat. Die Immobilie diene dem ADAC als Geldanlage.
28. Januar: Die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ berichtet, Meyer sei mit einem ADAC-Hubschrauber von einem Geschäftstermin nach Hause geflogen. Laut Club wurde der Flug 2003 aber nicht extra organisiert.
29. Januar: Ein ADAC-Hubschrauber föhnte 2006 in Braunschweig mit dem Wind der Rotorblätter einen unter Wasser stehenden Fußballplatz vor einer Zweitliga-Partie trocken. Das Innenministerium rügte den Flug, danach bezahlte die Stadt Braunschweig den Einsatz.
30. Januar: Der ADAC prüft Bestechungsvorwürfe im Zusammenhang mit einer Badegewässeruntersuchung in den 1990er Jahren. Der Club reagiert damit auf einen Bericht der „Frankenpost“.
31. Januar: Nach Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ und des NDR-Magazins „Panorama“ drängt der ADAC seine Pannenhelfer, bestimmte Auto-Batterien zu verkaufen. Dafür gebe es eine Prämie.
1. Februar: Der ADAC räumt einen 200 000 Euro umfassenden Werbe-Deal des Regionalverbands Nordrhein mit der Firma eines ADAC-Funktionärs ein. Dabei sei aber „alles klar geregelt“ gewesen, heißt es.
5. Februar: Medienberichten zufolge sollen Reifenhersteller vor Tests Details erfahren und ihre Produkte angepasst haben. Der ADAC und die Stiftung Warentest weisen die Vorwürfe zurück.
6. Februar: Laut „Süddeutscher Zeitung“ soll der Club bei der Wahl zum „Lieblingsauto der Deutschen“ auch die Platzierung manipuliert haben. Ein Sprecher sagt, er könne den Bericht nicht bestätigen.
7. Februar: Deutsche Autokonzerne wollen ihre Preise zurückgeben, sollten sich die neuen Vorwürfe bestätigen. Der ADAC legt einen 10-Punkte-Reformplan vor.
10. Februar: ADAC-Präsident Meyer kommt einer Amtsenthebung zuvor und tritt zurück - kurz bevor unabhängige Wirtschaftsprüfer ihren Bericht vorlegen.

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