Polizist zieht für Tattoo vor Gericht
"Aloha" ist eigentlich ein gutes Wort. Für einen Polizisten ist es allerdings Grund für einen Streit mit seinem Arbeitgeber geworden, der am Mittwoch den Verwaltungsgerichtshof in München beschäftigt. Der Beamte hatte nämlich vor fünf Jahren die Erlaubnis beantragt, sich einen "Aloha"-Schriftzug auf den Unterarm tätowieren zu lassen. Doch das Polizeipräsidium Mittelfranken lehnte den Antrag ab.
Die Begründung: Wenn der 1976 geborene Polizeioberkommissar die Sommeruniform mit den kurzen Ärmeln trage, dann wäre "Aloha" ja für jeden sichtbar. Grundlage für das Verbot ist der Artikel 75 des Bayerischen Beamtengesetzes. "Soweit es das Amt erfordert, kann die oberste Dienstbehörde nähere Bestimmungen über das Tragen von Dienstkleidung und das während des Dienstes zu wahrende äußere Erscheinungsbild der Beamten und Beamtinnen treffen", heißt es darin. "Dazu zählen auch Haar- und Barttracht sowie sonstige sichtbare und nicht sofort ablegbare Erscheinungsmerkmale."
Grundsatzentscheidung in Bayern
Der Polizist will das Verbot aber nicht hinnehmen; er hält die Regelung des Innenministeriums vom 7. Februar 2005 zum "Erscheinungsbild der Bayerischen Polizei" für veraltet. Es ist längst nicht das erste Mal, dass deutsche Gerichte sich mit dieser Frage befassen müssen. Allerdings geht es im aktuellen Fall um eine Art Grundsatzentscheidung in dem Bundesland, in dem die Frage von Tätowierungen bei Polizisten nach Ansicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) bisher am restriktivsten gehandhabt wird.
Erst Ende September entschied das Verwaltungsgericht in Magdeburg, dass ein Polizei-Anwärter in Sachsen-Anhalt, der sich eine vermummte Gestalt und das Logo des 1. FC Magdeburg auf die Wade tätowieren ließ, nicht deshalb abgelehnt werden darf.
Kurz zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht im westfälischen Münster in einem ähnlichen Fall ganz ähnlich entschieden. Ein großer Löwenkopf auf dem Unterarm war für die Richter kein Grund, einen Bewerber vom Polizeidienst auszuschließen.
Diana oben ohne
Allerdings hängt es auch immer von der jeweiligen Tätowierung ab, wie ein solcher Streit ausgeht. Im April entschied das Arbeitsgericht in Berlin gegen einen tätowierten Polizisten. Er war als Bewerber für den Objektschutz abgelehnt worden, weil er auf einem Unterarm die Göttin Diana mit entblößten Brüsten tätowiert hatte. Zu Recht, urteilte das Gericht.
Ähnlich erging es einer Polizei-Anwärterin mit auffälligem Tattoo in Hessen: 2014 entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel gegen sie. Die Frau hatte sich auf dem rechten Unterarm den Spruch "Bitte bezwinge mich" tätowieren lassen. Die Tätowierung überschreite den Rahmen der noch akzeptablen individuellen Auffälligkeit, urteilte der Gerichtshof.
Peter Schall, bayerischer Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, hält ein striktes Tattoo-Verbot für Polizisten für überholt. "Das kommt noch aus alten Zeiten, in denen nur Seeleute und Strafgefangene tätowiert waren. Der Polizist sollte wie aus dem Ei gepellt ausschauen." Seine Gewerkschaft habe eine Kollegin betreut, die sich ihre sichtbare Tätowierung in einer langwierigen und schmerzhaften Prozedur entfernen ließ, um im Polizeidienst bleiben zu können.
Jeder fünfte Deutsche tätowiert
"Ich erwarte aber eigentlich, dass das vom Gerichtshof weitgehend freigegeben wird. Es ist ja auch die Frage, wie lange Bayern es sich überhaupt noch leisten kann, hier so restriktiv zu sein. Inzwischen ist ja jeder Dritte tätowiert", sagt Schall. Laut einer Studie der Uni Leipzig aus dem vergangenen Jahr ist es jeder fünfte Deutsche. Und es werden mehr. "Man wird sich das auf Dauer nicht leisten können, die Leute auszugrenzen. Die Befähigung sollte entscheiden und nicht das Aussehen", meint Schall.
In Berlin hat die Polizei ihre Haltung inzwischen schon ganz offiziell geändert. In einem Bewerbungs-Aufruf der Hauptstadt-Polizei hieß es: "Die Polizei Berlin ändert ihren Umgang mit Tätowierungen!" Ausnahmen: extremistische, sexistische, gewaltverherrlichende und religiöse Motive. "Aloha" steht nach Ansicht des klagenden Polizisten "in vollem Einklang zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung", wie er in erster Instanz vor Gericht angegeben hatte.
Zu Tattoos und Piercings gibt es in Österreich bereits länger Regelungen. Demnach sind "jene Tätowierungen zulässig, die bei aufrechter Körperhaltung und angelegten Armen von der Sommeruniform (kurzes Hemd und lange Hose) verdeckt werden oder die rein kosmetischen Zwecken dienen (Permanent-Make-up)".
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