IAEA-Chef Grossi besorgt wegen Irans Urananreicherung

IAEA board of Governors meeting in Vienna
Inspektoren der IAEA seien vor Ort. Keine Gefahr des Wettrüstens mit Saudis in Sicht.

Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zeigt sich besorgt darüber, dass der Iran seine Urananreicherung massiv fortsetzt. "Die Iraner setzen die Anreicherung von Uran fort, und zwar zu einem viel höheren Grad, als sie sich selbst verpflichtet haben. Und diese Menge wächst Monat für Monat", sagte Grossi im Gespräch mit der "Presse am Sonntag". Zugleich betonte er die Bedeutung der Atomenergie für den Klimaschutz.

Das Atomprogramm sei "ziemlich entwickelt", so der IAEA-Chef. Der Iran habe einen kompletten nuklearen Brennstoffkreislauf. "Sie haben alle Fähigkeiten. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Atomenergiebehörde dort ist. Ohne uns wäre die internationale Gemeinschaft blind. Ohne uns gäbe es kein Vertrauen", betonte Grossi. Er fügte allerdings hinzu, der Iran habe die "signifikante Quantität" zum Bau einer Atombombe "im Moment nicht."

Grossi versicherte, dass ungeachtet der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie die IAEA-Inspektoren in aller Welt unterwegs sind. "Eine Gruppe von Inspektoren ist ständig im Iran", sagte der IAEA-Generaldirektor.

Zu Befürchtungen, dass es wegen des iranischen Atomprogramms zu einem nuklearen Rüstungswettlauf mit Saudi-Arabien kommen könnte, meinte Grossi, er hoffe, dass es keinen solchen gebe, "aber ich verifiziere alles". Bis jetzt habe das Königreich Saudi-Arabien sehr geringe Nuklearaktivitäten. "Deshalb haben sie derzeit das minimalste Inspektionsprogramm.." Aber die Saudis hätten große Pläne. "Sie wollen zehn oder mehr Atomreaktoren bauen. Daran ist nichts auszusetzen. Vorausgesetzt, sie werden inspiziert", unterstrich der IAEA-Chef.

Grossi hob auch die Bedeutung hervor, die seiner Meinung nach die Atomenergie für die Umwelt spiele: "Atomkraft, einer der geringsten CO2-Emittenten, spielt jetzt schon eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Atomenergie deckt elf bis 14 Prozent des globalen Energiebedarfs, 20 Prozent in den USA, 70 Prozent in Frankreich, in Deutschland immer noch 14 Prozent. Wenn Sie all diese Reaktoren stilllegen, würde sich der Klimawandel beschleunigen."

Hinsichtlich der Gefahren der Kernkraft räumte Grossi ein: "Jede industrielle Aktivität birgt Risiken. In der Bilanz der Atomenergie in den vergangenen 70 Jahren gab es drei Unfälle." Und er fügte hinzu: "Wie viele Menschen sind in Fukushima an Verstrahlung gestorben? Null! Tausende starben wegen des Tsunami."

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