Heftiger Disput über schlüpfrige Werbekampagne

Heftiger Disput über schlüpfrige Werbekampagne
Vilnius auf den G-Punkt gebracht - vor dem Besuch des Papstes sorgt eine Kampagne der litauischen Hauptstadt für Debatten.

Die Stadt Vilnius wird heute, Donnerstag, in Berlin und London eine Werbeinitiative starten, die der litauischen Regierung gar nicht gefällt – mit dem Slogan „Vilnius. Der G-Punkt Europas. Niemand weiß, wo er ist. Aber wenn Du ihn findest, ist es großartig“, soll die Altersgruppe von 18 bis 35 Jahren mittels Außenwerbung und sozialen Netzwerken angesprochen werden. Gezeigt wird dazu eine Frau, die auf einem Laken mit Europakarte liegt und sich verzückt an der Stelle der litauischen Hauptstadt festhält.

Vonseiten der Regierung unter Premierminister Saulius Skvernelis wurde der Verwaltungschef der Stadt Povilas Poderskis gebeten, die Kampagne mit Anspielung auf die besonders erogene Zone der Frau angesichts des Papstbesuchs Ende September abzublasen. Auch der Exbischof von Vilnius, Gintaras Grusas, bat um Aufhebung, man solle bei einer Bewerbung der Stadt auf Werte achten. Litauens Hauptstadt wird im Zentrum von 50 Kirchtürmen dominiert, in der ehemaligen Sowjetrepublik bekennen sich 80 Prozent der Einwohner zur römisch-katholischen Kirche.

Poderskis will nicht einlenken: „Dies ist die beste Werbung für Vilnius für den internationalen Markt“, erklärte er auf einer Pressekonferenz. Wenig begeistert von der Aktion zeigt sich Arturas Zuokas, ein liberaler Politiker und bis 2015 Bürgermeister der Stadt: „Das alte Europa betrachtet den Nachbarn im Osten als einen Ort, in dem schöne und bezahlbare Mädchen das ultimative Ziel darstellen.“ Die „Schwestern und Töchter“ des Landes würden in einer Vitrine ausgestellt schreibt er in der Internetzeitung Delfi.

Angst vor Sextourismus

Street view in Vilnius

Die Straßen von Vilnius – dort begegnet man eher Sauftouristen

Die Chefin der PR-Agentur „Go Vilnius“, Inga Romanovskiene, versucht die Gemüter zu beruhigen. „Wir haben Erhebungen unternommen, demnach wissen von jeweils 1000 Deutschen und Briten bloß 40 bis 50 Personen, was und wo Vilnius ist.“ Somit könne die Stadt kein Ansehen verlieren, da sie gar keines habe. Die Adressaten der Anzeigenkampagne würden sie wohl als Metapher verstehen, nicht als Einladung zum Sextourismus. Tatsächlich hat das Baltikum ein Problem mit Sauf- und Sextourismus, wobei hier die lettische Hauptstadt Riga als Metropole gilt, die gerne von Schweden angefahren wird. In Litauen liegt der Akzent eher auf dem Trinken, in den Altstadtgassen von Vilnius findet sich ein Biergarten nach dem anderen mit einem trinkfreudigen Publikum aus Skandinavien.

In Großbritannien wird für die sogenannten Junggesellenabschiedspartys jedoch mit sehr expliziten Bildern für Vilnius geworben. Vor allem geht es in den Webseiten um Stripklubs. Prostitution ist in Litauen offiziell verboten , jedoch existiert ein inoffizielles Rotlichtviertel. Bei einem litauischen Durchschnittsverdienst von rund tausend Euro brutto verfügen westliche Besucher weiterhin über eine durchaus höhere Kaufkraft.

Romanovskiene glaubt darum, dass die Regierung nun angesichts des Papstbesuchs Angst hat, dass ein unangenehmes Thema des Landes hoch kocht, das bislang unter den Teppich gekehrt worden sei, und wirft den Behörden des Landes vor, bislang nichts gegen Sextourismus und Straßenstrich unternommen zu haben.

- Jens Mattern, Vilnius

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