Entsetzen in Frankreich nach Mord an Holocaust-Überlebender
Nach dem mutmaßlich antisemitisch motivierten Mord an einer 85-jährigen Jüdin in Paris herrscht Entsetzen weit über Frankreich hinaus. Präsident Emmanuel Macron nannte die Tat ein "entsetzliches Verbrechen". Im Kurzbotschaftendienst Twitter bekräftigte er seine "absolute Entschlossenheit", gegen Antisemitismus vorzugehen. Auch der israelische Erziehungsminister, Naftali Bennett, meldete sich mit heftiger Kritik zu Wort: "Die Behörden in Frankreich sind verantwortlich für die Sicherheit ihrer jüdischen Bürger und für die Strafverfolgung der verachtenswerten Mörder", sagte er.
Auch die EU-Kommission forderte mehr Engagement gegen Judenhass. "Vertreiben wir den Antisemitismus aus Europa, ein für alle Mal", schrieb Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans auf Twitter.
Ermittlungen laufen
In der Zwischenzeit hat die französische Justiz formelle Ermittlungsverfahren gegen zwei Verdächtige eingeleitet. Die beiden jungen Männer wurden laut Justizkreisen am Dienstag wegen vorsätzlicher Tötung in Untersuchungshaft genommen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Frau wegen ihres jüdischen Glaubens ermordet wurde.
Am Wochenende wurden zwei Verdächtige festgenommen, unter ihnen ein Nachbar der alten Dame. Der 1989 geborene Mann hatte die 85-Jährige nach Angaben ihres Sohnes gut gekannt und sie öfter besucht. Nach Polizeiangaben war er wegen Vergewaltigung vorbestraft. Ein 21-Jähriger, der wegen Raubes polizeibekannt war, war am Freitag ebenfalls in dem Haus gesehen worden.
Feuer in der Wohnung gelegt
Die von Messerstichen übersäte und teilweise verbrannte Leiche der 85-jährigen Mireille Knoll war am Freitag in ihrer Pariser Sozialwohnung gefunden worden. Eine Nachbarin hatte wegen eines Brandes die Feuerwehr gerufen. Später stellte sich heraus, dass an mehreren Stellen in der Wohnung Feuer gelegt worden war.
Knoll war nach Angaben ihres Sohnes 1942 nur knapp der Deportation entkommen. Sie war im Alter von zehn Jahren vor einer Großrazzia gegen mehr als 13.000 Juden in Paris mit ihrer Mutter nach Portugal geflohen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie in die französische Hauptstadt zurückgekehrt und hatte einen Holocaust-Überlebenden geheiratet.
Verstärkt wurde die Empörung über den Fall durch die Tatsache, dass sich die Tat rund ein Jahr nach der Ermordung einer 65-jährigen orthodoxen Jüdin in Paris zutrug. Erst kürzlich wurde dies als mutmaßlich judenfeindlich motiviert eingestuft.
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