Italien muss Amanda Knox entschädigen
Italien muss der US-Amerikanerin Amanda Knox 10.400 Euro Entschädigung zahlen. Dies beschloss der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, der einen Antrag Roms auf ein neues Urteil abgelehnt hatte, nachdem Italien im Jänner bereits im selben Fall verurteilt worden war. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Italien die Verteidigungsrechte von Knox verletzt hat.
Die ehemalige Austauschstudentin hatte eine Entschädigung von einer halben Million Euro verlangt. Sie führte in ihrer Klage an, dass sie bei ihrer Festnahme in der Nacht auf den 6. November 2007 15 Stunden lang von der Polizei ohne Anwalt vernommen worden sei. Obwohl ihre Aussagen wegen der Abwesenheit eines Verteidigers nicht rechtskonform waren, seien diese gegen sie vor Gericht verwendet worden. Bei der Einvernahme hatte Knox den kongolesischen Barmann Patrick Lumumba des Mordes beschuldigt und war deswegen wegen Verleumdung verurteilt worden.
Die 31-jährige Knox führte in ihrer Klage darüber hinaus an, dass sie von der Polizei nicht über ihre Rechte informiert worden sei. Die Beamten hätten mit ihr Italienisch gesprochen, eine Sprache, die sie damals kaum beherrschte. Ein Dolmetscher sei bei der Befragung nicht anwesend gewesen.
Vorwurf: Mord
Knox und ihrem Ex-Freund Raffaele Sollecito war vorgeworfen worden, Ende 2007 die britische Studentin Meredith Kercher getötet zu haben. Deren Leiche war halb nackt in ihrem Schlafzimmer in der mittelitalienischen Stadt Perugia gefunden worden. Der Fall hatte weltweit Aufsehen erregt. Sollecito und Knox wurden 2009 zu langen Haftstrafen verurteilt, 2011 aber freigesprochen. Knox kehrte in die USA zurück. Der Fall ging durch mehrere Instanzen, beide wurden erneut verurteilt, das oberste Gericht Italiens sprach sie aber im März 2015 endgültig frei.
Verurteilt wurde Knox wegen der Verleumdung Lumumbas. Die Haftstrafe von drei Jahren hat die Amerikanerin aber bereits abgesessen. Sie war 2011 nach vierjähriger Haft in die USA zurückgekehrt. Am 15. Juni war Knox bei einem Kongress zu Justizirrtümern in der norditalienischen Stadt Modena aufgetreten. Es war ihre erste Reise nach Italien, nachdem sie dort 2009 wegen des Mordes an Kercher verurteilt worden war.
Der einzige rechtskräftig Verurteilte wegen des Mordes an der Austauschstudentin ist der gebürtige Ivorer Rudy Guede, der als Adoptivsohn eines italienischen Paares seit seinem sechsten Lebensjahr in Perugia gelebt hatte. Er war im Oktober 2008 nach einem Schnellverfahren zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Nach der Berufung wurde das Strafmaß auf 16 Jahre reduziert. Die Ermittler waren sich einig, dass er nicht allein gehandelt haben konnte. Guede scheiterte im Vorjahr mit einem Antrag auf einen neuen Prozess.
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