Wenn kommenden Sonntag (23. März) exakt 1.126 Wahllokale in der Steiermark für die Gemeinderatswahlen öffnen, dann unter besonderen Vorzeichen:
Seit 18. Dezember regiert eine blau-schwarze Koalition in der Steiermark, erstmals stellt die FPÖ den Landeshauptmann.
Die SPÖ belegt seither zum ersten Mal die Oppositionsrolle im Land. Seit 1945 saßen Sozialdemokraten immer in der Landesregierung, erst durch den Proporz, später auch in Koalitionen. Zwei Legislaturperioden lang stellte die SPÖ auch den Landeshauptmann.
Drei steirische Landesparteiobleute gehen erstmals in der Chefrolle in eine Gemeinderatswahl: Manuela Khom (ÖVP), Max Lercher (SPÖ) und Robert Krotzer (KPÖ).
Im Bund regiert seit Kurzen erstmals eine Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und Neos, die ein Sparprogramm verkünden musste.
Worum es geht
Auch wenn Politikbeobachter und Politiker selbst immer wieder auf den Unterschied zwischen Kommunal-, Landtags- und Nationalratswahlen verweisen: Die ersten Wahlen nach dem Farbwechsel im Bundesland sind vor allem für die blau-schwarze Landesregierung und den neuen Parteiobmann der Roten, den oftmals als „Parteirebell“ titulierten Max Lercher, ein Gradmesser.
Für die ÖVP geht es um ihre Vormachtstellung im Land als Bürgermeisterpartei: 2020 erzielte man 47,2 Prozent der Wählerstimmen und 2.690 Mandate; in 177 Gemeinden stellte man die Ortschefs mit absoluten Mehrheiten.
Die SPÖ erreichte 31,9 Prozent, 1.545 Mandate, in 66 Gemeinden gab es absolute Mehrheiten. Die eigentliche Stärke bezieht die SPÖ aber aus den Städten von Bruck an der Mur, Kapfenberg, Knittelfeld und Leoben in der Obersteiermark bis zu Deutschlandsberg im Westen oder Weiz im Osten, wo die roten Stadtchefs mit absoluter Stimmenmehrheit im Gemeinderat regieren.
Die bei allen Wahlen des Vorjahres – von EU über Nationalrat bis zum Landtag – siegreiche FPÖ wiederum ist erpicht darauf, dass die blaue Welle nicht bricht. Ein Zuwachs an Stimmen ist allein schon durch einen Rekord an Kandidaturen zu erwarten, die Blauen brachten Listen in 258 Gemeinden zusammen, so viele waren es bisher noch nie.
2020 kam die FPÖ auf 8,2 Prozent der Stimmen und 328 Mandate; erklärtes Ziel diesmal – Bürgermeistersessel. Die FPÖ stellt bisher keinen Ortschef in der Steiermark.
„Mensch ärgere dich nicht“
Gewählt wird in 284 Gemeinden – ausgenommen Graz, dort ist es erst im Herbst 2026 so weit. Rund 805.000 Personen sind wahlberechtigt, den Wahlkampf lassen sich die Parteien schon etwas kosten. Allein die FPÖ affichierte rund 11.700 Plakate quer durchs Bundesland, die Landespartei schoss den blauen Ortsgruppen rund 270.000 Euro zu, die Grünen beziffern ihr Wahlkampfbudget mit rund 400.000 Euro, die KPÖ mit 180.000 Euro.
Die Wahlbeteiligung ließ 2020 zu wünschen übrig: 62,6 Prozent, um fast elf Prozentpunkte weniger als 2015. Neben den obligaten Flugblättern und/oder kleinen Süßigkeiten mit dem Konterfei der Kandidaten schaffte die SPÖ in Gössendorf (Graz-Umgebung) das originellste Wahlgeschenk – sie verteilte „Mensch ärgere dich nicht“-Spiele.
Die Landesparteiobleute und ihre Ziele für den 23. März
Mario Kunasek, FPÖ: Die FPÖ holte bei den Landtagswahlen am 24.11. 2024 den ersten Platz, Mario Kunasek ist seit 18.12. erster blauer Landeshauptmann. Am 23.3. kandidiert die FPÖ in 258 Gemeinden, das ist Rekord. Als Ziel gab Kunasek neben Stimmenzuwachs „den einen oder anderen Bürgermeister“ aus.
Manuela Khom, ÖVP: Die ÖVP tritt in 282 von 284 Gemeinden an und schaffte damit fast flächendeckende Kandidaturen. Die geschäftsführende Parteiobfrau und Vizelandeshauptfrau Manuela Khom will jedenfalls den Vorsprung der Schwarzen und deren Anspruch, die Bürgermeisterpartei schlechthin zu sein, verteidigen.
Max Lercher, SPÖ: In 269 Gemeinden tritt die SPÖ an, um neun weniger als 2020. Diesmal erwies sich die Besetzung der Spitzenkandidaturen als schwierig. Max Lercher hat seine ersten Wahlen als Parteichef zu schlagen: In 73 Gemeinden stellt die SPÖ Bürgermeister, das will man ausbauen oder wenigstens halten.
Sandra Krautwaschl, Grüne: 102 Kandidaturen schafften die Grünen heuer (2020: 105). Landessprecherin Sandra Krautwaschl freut sich zudem über „einen hohen Zulauf an Mitgliedern“. Für die Grünen gilt es, Spitzenergebnisse zu verteidigen, etwa in Gleisdorf, wo sie 2020 mit knapp 20 Prozent Zweite hinter der ÖVP wurden.
Robert Krotzer, KPÖ: Der Grazer Stadtrat Robert Krotzer führt die KPÖ seit Ende 2023, nach den Landtagswahlen sind die Gemeinderatswahlen die zweiten unter seiner Ägide als Parteichef. Die KPÖ tritt in 34 Gemeinden an (2020: 37), Wahlziel sei es, die aktuell 39 Mandate „zu halten und Zugewinne zu verbuchen“.
Niko Swatek, Neos: Im Land in Opposition, im Bund aber Regierungspartei: Die Neos unter Niko Swatek treten in 37 Orten an (2020 waren es 30), Schwerpunkt sind die urbaner geprägten Gemeinden in Graz-Umgebung, ein Drittel aller Kandidaturen finden dort statt. Dort erhoffen sich die Pinken wohl auch die meisten Zugewinne.
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