Haiders Bühne: Drama in fünf Akten

Ein Mann mit weißem Anzug steht vor einer jubelnden Menschenmenge auf einer Open-Air-Veranstaltung.
Nachdem 20 Millionen versenkt wurden, trifft es die Plattform selbst. Wann fällt der letzte Vorhang?

Ruhig liegen die Reste der Wörtherseebühne am Ost-Ufer. Kein Event, kein Musical, kein Applaus. Nur die Wellen, die an die Holzkonstruktion schlagen und der Trubel des benachbarten Strandbads trüben die Stille.

Diese "Mini-Bühne" ist Jörg Haiders kulturelle und finanzielle Ruine, ein Relikt einer alten Ära. Das Betreten bleibt Enten vorbehalten, das Bespielen ist sowieso verboten. Widmungen fehlen, die von Haiders FPÖ-Ahnen propagierte Vision der "Wörtherseebühne light" hat sich als Seifenblase erwiesen. Nichtsdestotrotz muss die Stadt den Bundesforsten als Seeufer-Eigentümern jährlich 41.000 Euro überweisen.

Wenn’s nur das wäre: Errichtungskosten in Millionenhöhe standen zu Buche. Dazu kamen Subventionen, Leasingraten, Betriebsabgänge – jeweils im sechsstelligen Bereich. Jährlich. Genaue Zahlen kann oder will niemand nennen. Schätzungen der Stadt besagen, dass die Bühne in den 16 Jahren ihres Bestehens 20 Millionen Euro versenkt hat. Nun ereilt Haiders Prestigeprojekt dasselbe Schicksal. Es wird versenkt, verschrottet, die Überbleibsel werden verscherbelt.

Die Wörtherseebühne ist ein Drama in fünf Akten. Wobei nicht einmal bekannt gegeben wird, wann der letzte Vorhang fällt.

1. Akt: Die Versuchung. Landeshauptmann und Kulturreferent – da reizte es Jörg Haider im Jahr 1999, Bregenz mit einer Freiluftbühne den Kampf anzusagen. Eine gigantische Kulturarena, eingebettet in die atemberaubende Kulisse des Wörthersees. Die Landeskassen waren für Prestigeprojekte prall gefüllt. Kein Wunder, dass kaum jemand den Mund aufmachte, als Haider eine Seebühne zu Wasser ließ.

2. Akt: Die Verschwendung. Schon der Bau selbst verschlang 5,7 Millionen Euro, aber dabei sollte es nicht bleiben. In den ersten Jahren wurde die Plattform vom Stadttheater unter der Leitung des inzwischen verstorbenen Dietmar Pflegerl bespielt. 2003 kam Renato Zanella, der beim Versuch, Klagenfurt als Festspielstadt zu etablieren, kläglich scheiterte. Finanziert wurde natürlich alles auf verschlungenen Wegen über die Hypo Alpe Adria, die Kosten blieben im Dunklen.

Sie kamen erst ans Licht, als der Kärntner Landtag 2005 einen Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen rund um die Bühne einrichtete, der nicht nur das "Fehlen eines Konzepts", "drittklassige Produktionen", und "eine Tragödie mit absehbaren Ausgang" diagnostizierte, sondern auch die Kosten für die Saison 2004 erhob: fünf Millionen Euro. Kulturlandesrat Wolfgang Waldner sprach Jahre später von Betriebskosten in der Höhe von 600.000 Euro jährlich und Einnahmen von 40.000 Euro.

Es soll ja kaum einen Kärntner geben, dem Haider nicht die Hand geschüttelt hat. Und so gibt es wohl auch kaum einen Kärntner, dem von der FPÖ nicht Gratis-Tickets für irgendeine Seebühnen-Produktion angeboten wurden.

3. Akt: Der Verkauf. Die Kärntner Landesregierung hat den Seebühnenvertrag schließlich 2013 aufgelöst, danach wurde die Bühne zum Verkauf ausgeschrieben. Am 3. Februar 2014 entschied der Seebühnenausschuss, dass mangels Erfüllung der ausgeschriebenen Bedingungen keines der vier Kaufangebote akzeptiert wird. Am 1. April 2014 beschloss der Stadtsenat, dass die Bühne von der Messe gekauft und an die Wörthersee-Schifffahrt verpachtet werden soll. Am 7. Mai 2014 hat die Stadt das Eigentum von der Messe übernommen.

4. Akt: Die Verkleinerung. Statt 2200 sollten 1000 Besucher Platz finden. Die "Mini-Bühne" existiert seit Juli 2014, sie wurde nie genutzt.

5. Akt: Die Versenkung. Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) war es schließlich, die trotz Interventionen der FPÖ, den Abriss anordnete und damit den Schlussstrich unter das Pleite-Projekt ziehen will.

Die Firma Kuttin bekam dieser Tage den Zuschlag für die Verwertung der restlichen Konstruktion. Zwar erhofft sich die Stadt einen Erlös von 65.000 Euro, bei der Firma Kuttin wollte man den Betrag jedoch nicht bestätigen. Und einen Termin für die Verschrottung nennt weder die Firma, noch die Stadt. Schon werden Gerüchte laut, dass Haiders Denkmal erst nach der Badesaison verschwinden wird.

Aufgrund der „gestutzten“ Seebühne liegt die „Starnacht am Wörthersee“ 2015 im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Trockenen. Heuer findet die Schlagerparty, die im Jahr 2014 noch auf dem See gefeiert wurde, am 17. und 18. Juli auf einer Wiese in der Nähe der Plattform statt. Dort werden extra Tribünen für 3000 Besucher errichtet.

Neben der Starnacht steigen auch die Beachvolleyball- und Ironman-Events alljährlich in der Ostbucht des Wörthersees – und sie alle gelten als Auslaufmodell, weil sämtliche Verträge bis 2016 abgeschlossen wurden, die Stadt Klagenfurt sowie das Land Kärnten künftig jedoch ihre Förderungen drastisch zurückfahren müssen.

Die Stadt will jährlich zehn Millionen Euro einsparen, um die Maastricht-Kriterien und den Stabilitätspakt zu erfüllen. „Die Zeiten, in denen Klagenfurt blind sämtliche Events unterstützt, sind inzwischen vorbei“, sagt Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ), Nachfolgerin von Christian Scheider (FPÖ).

Ähnlich klingt Landeshauptmann und Parteikollege Peter Kaiser, den die Hypo/HETA-Problematik zum Sparen zwingt: „Anschubfinanzierungen für Neues sind weiterhin möglich. Aber Events mit Tradition müssen früher oder später auf eigenen Füßen stehen.“

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