„Wir kriegen Studentenrevolte“

Hoch her geht es im Uni-Viertel: Anrainer klagen über Lärm, Wirte über vorverlegte Sperrstunde

Sperrstunde zwei Uhr ist keine Lösung“, seufzt Mohammad Afana vom Lokal „Gecco“ und schaut hinüber zu seinem DJ. Philipp, 23, macht sich nämlich schon Sorgen um seinen Arbeitsplatz. „Probleme kriegen dann die Leute, die hier arbeiten“, überlegt der 23-Jährige. Frühere Sperrstunde, weniger Gäste, weniger Jobs, ganz einfach sei das.

Donnerstagabend ist es ruhig im Grazer Uni-Viertel. Es ist mitten im Semester, mitten in der Woche. Es ist wenig los. Das ist nicht immer so in der Zone rund um die Karl-Franzens-Uni: Vergangenes Wochenende standen Hunderte junge Menschen auf der Straße und feierten eine Party, aus Protest, weil die Stadt Graz bei fünf beliebten Nachtlokalen in der Gegend die Sperrstunde auf zwei Uhr früh vorverlegt hat. Die Party eskalierte: Straßen wurden blockiert, Flaschen flogen, die Polizei musste anrücken. Und sehr laut war es.

Lärm in der Nacht sei aber schon Normalzustand, klagt Oliver Stenitzer. „Die Lärmbelästigung geht fast jede Nacht erst so richtig nach Mitternacht los, nicht nur am Wochenende“, schildert der Anrainer. „Die Leut’ gehen in Gruppen herum, da ist eine große Zahl an Krawallmachern dabei. Der Lärm hört von zwei bis fünf Uhr früh nicht mehr auf.“ Stenitzer ist Anwalt und Sprecher einer Bürgerinitiative von Anrainern. „Wir finden jeden Tag Erbrochenes, Scherben, heruntergerissene Autospiegel.“ Eigentlich müsste die Sperrstunde noch früher sein. Mitternacht nämlich, fordert der Jurist. „Das ist ein Wohnviertel.“

Seit die Stadt Graz frühere Sperrstunden für einige ausgewählte Lokale verordnete, sind die Fronten verhärtet. Das „Gecco“ ist davon betroffen, die benachbarte „Scheinbar“ kam davon. Kein Grund zur Freude jedoch für deren Chef Martin Kaufmann. „Ich sitz’ natürlich im selben Boot. Ein Lokal allein wird hier ja nicht überleben.“

Die Studiosi wollen sich ihre Ausgehgewohnheiten nicht nehmen lassen. Max, 23, sagt, er könne sich über die „restriktive Politik“ nur wundern. „Das bringt doch nichts, die Leute wollen eine Ausgehzone.“

Polizei ist alarmiert

Auch für das kommende Wochenende ist die Polizei wieder wachsam und wird verstärkt kontrollieren: „Wir werden uns um das Problem kümmern“, versichert Stadtpolizeikommandant Kurt Kemeter. „Ich hoffe, dass das jetzt nicht zur Tagesordnung übergeht, dass die Leute die Straße blockieren.“ Im Rathaus pocht indes Bürgermeister Siegfried Nagl, ÖVP, auf zwei Uhr Lokalschluss. „Anrainer im Uni-Viertel haben ein Recht darauf, dass sie in der Nacht schlafen können und ihr Eigentum unversehrt bleibt.“

Sachbeschädigungen und Anzeigen waren unter anderem der Grund für Einzelbescheide mit der früheren Sperrstunde: Nur über sicherheitspolizeiliche Bedenken kann sie verordnet werden, wenn sie einem Lokal direkt zugeordnet werden konnten.

Streit über Jahre

Ein Vorwurf, den Rechtsanwalt Gregor Kohlbacher so nicht stehen lässt. „Für die Straße sind wird nicht verantwortlich und wollen es auch nicht sein.“ Kohlbacher vertritt mehrere Wirte im Uni-Viertel, die sich gegen die Zwei-Uhr-Verordnung wehren. Das bringt die Berufungskommission im Rathaus wieder ins Spiel, letztlich auch erneut den Verwaltungsgerichtshof. „Wir spielen das Jahre dahin“, prognostiziert Kohlbacher. Die Sperrstunde sei Behördenwillkür. „Diese Lokale haben einfach die falschen Nachbarn. Wir kriegen wegen einer Sperrstunde noch eine Studentenrevolte.“

Die Wirte selbst wollen die Lage endlich klären. Martin Kaufmann schlägt einen Mediator vor. Es gibt auch schon die Idee, Gleitsperrzeiten oder Einlasssperren ab gewissen Uhrzeiten einzuführen. Damit fiele der Lokaltourismus in der Nacht weg. Keiner der Wirte wolle die Situation eskalieren sehen und schon gar keine „Partydemos“ mitten in der Nacht haben, beteuert der Grazer. „Davon distanzieren wir uns.“

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