Vor dem allerletzten Akkord in New York: KISS die Hand
Am Samstag tritt die weltbekannte Rock-Band KISS zum letzten Mal auf. Der Wiener Christian Vorlaufer und mit ihm 27 weitere Fans aus Österreich sind live dabei.
Magisch! Zu einem Gschnas in einer Musikhauptschule in Wien-Erdberg kamen Anfang der 1980er-Jahre 300 Kinder, 250 waren geschminkt und verkleidet wie ihre Idole aus New York: Gene Simmons und Paul Stanley, viel besser bekannt als Mitglieder der Rockband KISS.
Mitten drinnen in diesem Gewurl: Christian Vorlaufer alias Paul Stanley. Der heute 56-Jährige erzählt: „Paul hat mir imponiert. Ich habe sogar wegen ihm zum Klimpern begonnen.“ Sein Alter Ego ist übrigens der mit dem schwarzen Stern im weiß angemalten Gesicht.
Der Musik-Fan öffnet die Tür zum Extra-Zimmer in seiner Wohnung im 22. Bezirk, gewährt dem KURIER einen Einblick in sein Heiligtum: „Das ist hier mein Museum.“ 1.200 Original-Fanartikel hat er archiviert: Den 300 Kilo schweren KISS-Flipper, die Platten, Plakate, Figuren, den KISS-Teppich, sogar ein KISS-Comic, fünf Ordner mit Berichten über KISS, eine Original-Gitarre von seinem Idol, dem Leadsänger Paul Stanley.
Zum Finale in New York
Am Mittwoch kehrt der Angestellte eines österreichischen Sportverbands dem Museum kurz den Rücken: „Da fliegen wir zu den beiden Abschiedskonzerten im New Yorker Madison Square Garden.“ Beide seit Monaten ausverkauft.
Wir? Das sind 28 Mitglieder der KISS Army Austria aus allen Teilen Österreichs: „Wir kennen uns seit Jahren, waren bei vielen Konzerten, auch bei den KISS-Kreuzfahrten drüben in Amerika.“ KISS die Hand: „Die meisten von uns sind befreundet.“ Oder verwandt: „Mein Sohn und meine Schwester sind ebenso große Fans, und meine liebe Sabine ist auch immer dabei.“
Die österreichische Armee ist Teil eines weltweiten Fan-Netzwerks, das im Jahr 1975 in den USA gegründet wurde, um vor den Radiostationen zu protestieren, weil deren Musikredaktionen ihre Band lange nicht spielen wollten.
Zuerst Rapid, dann KISS
KISS sei seine zweite große Fanliebe, und die begann 1979, als er als Zwölfjähriger in einer Sendung von Peter Rapp das Video zum späteren Welthit „I Was Made For Lovin’ You“ sah und danach die Welt nicht mehr packte. Christian Vorlaufer lächelt: „Ich habe meine Eltern solange sekkiert bis der Großvater mit mir zum Plattengeschäft auf dem Praterstern gefahren ist, um mir dort meine erste KISS-Langspielplatte zu kaufen.“ Auch sie ist Teil seiner Sammlung, auf dem Cover steht: „KISS Dynasty“. Sein Opa hat sich im Übrigen damals auch eine LP gekauft.
Und seine erste Fanliebe? „Ich habe damals schon bei Rapid Wien im Nachwuchs Fußball gespielt.“ Nomen est omen: Vorlaufer, wieselflink auf der rechten Außenbahn. Heute ist er eines von rund 18.000 Mitgliedern der Grün-Weißen und bei praktisch jedem Heimspiel im Rapid-Stadion.
Die Verkleidungskünstler von KISS sah „Chris Stan“ (sein Facebook-Name) sechzig Mal live. Von jedem Auftritt hat er die Eintrittskarte aufgehoben und zwei, drei Konfetti-Schlangen, die während jeder Schlussnummer von der Bühne ins Publikum segeln. Die Tickets und die beschrifteten Confetti-Gläser haben im Museum einen Ehrenplatz.
Über den besonderen Reiz von KISS sagt Vorlaufer: „Ich beobachte sie seit vier Jahrzehnten. Sie bringen auch mit über siebzig die volle Energie auf die Bühne. Und nach den Auftritten mischen sie sich unter die Fans, und du kannst mit ihnen ganz normal reden.“
Und wenn am Samstag im Madison Square Garden der letzte Akkord verklungen ist und die Konfetti aufgesammelt sind? Dann geht die Welt nicht unter: „Wir werden uns weiterhin treffen, auch mit unseren deutschen Freunden.“ So sind in Österreich Konzerte der einen oder anderen Cover Band geplant.
Einen Seitenhieb auf Rapid kann sich der Fan nicht verkneifen: „KISS hat mich noch nie enttäuscht.“
Kommentare