Viele "heilige Quellen" sind gesundheitsgefährdend

Ein Mann füllt Wasser in einen Kanister an einem Brunnen.
MedUni-Wien-Forscher fanden sogar Fäkalbakterien. Keine einzige hatte Trinkwasserqualität. Auch Weihwasser ist stark verunreinigt.

Der Glaube versetzt Berge, aber er kann mitunter auch gesundheitsgefährdend sein: Wasser aus sogenannten heiligen Quellen in Österreich ist fäkal sowie durch Nitrate verunreinigt und besitzt keine Trinkwasser-Qualität. Auch das Weihwasser in Kirchen und Spitals-Kapellen ist alles andere als unbedenklich und weist bakterielle Belastungen auf. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Studie des Instituts für Hygiene und Angewandte Immunologie der MedUni Wien, wie die Universität am Donnerstag bekannt gab.

Ein Mann füllt eine weiße Flasche an einem öffentlichen Brunnen.
Weihwasser Taufbecken heilige Quellen
Das Team um den Mikrobiologen Alexander Kirschner analysierten die Wasser-Qualität in insgesamt 21 „heiligen“ Quellen - ähnlich jener im französischen Wallfahrtsort Lourdes - in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland. Daneben wurden 18 Weihwasser-Becken in Kirchen und Spitals-Kapellen in Wien zu unterschiedlichen Jahreszeiten untersucht. Das Resultat: Nur 14 Prozent der Wasserproben aus den Quellen wiesen keine fäkale Belastung auf, keine der untersuchten Quellen konnte als Trinkwasser empfohlen werden. Neben Fäkalindikatoren wie E-coli-Bakterien und Enterokokken seien auch Campylobacter nachgewiesen, die entzündliche Durchfälle auslösen können, hieß es in der Aussendung. Viele der Quellen seien außerdem vor allem durch Nitrate aus der Landwirtschaft belastet gewesen.

Um welche Quellen es sich genau handelt, will Kirschner aber nicht verraten. „Wir wollen keine Panik erzeugen.“ Bei den untersuchten Quellen handelt es sich freilich nicht um Trinkwasserquellen. Sondern um Quellen in Wäldern oder solche, die in Kirchen oder Kapellen eingeleitet werden. „Davon gibt es bundesweit mehrere hundert“, sagt Kirschner.

Mittelalter

Porträt eines Mannes mit kurzen, dunklen Haaren.
Weihwasser Taufbecken heilige Quellen Kirschner
„Wir können nur generell davor warnen, aus solchen Quellen zu trinken“, sagt Mikrobiologe Alexander Kirschner – der zurzeit damit beschäftigt ist, die betroffenen Gemeinden bzw. Pfarren über die Verunreinigungen zu informieren. Er rät auch auf die Historie „heiliger“ Quellen hinzuweisen. Denn die ihnen zugeschriebene heilsame Wirkung basiert auf den hygienischen Gegebenheiten im Mittelalter. Kirschner: „Damals war die Wasserqualität in den Städten generell so schlecht, dass die Menschen deswegen ständig Durchfall- oder andere dadurch ausgelöste Krankheiten hatten. Wenn sie dann im Wald bei einer geschützten, nicht so belasteten Quelle über mehrere Tage Wasser tranken, verschwanden ihre Symptome. Damals tranken sie sich dort gesund, heute ist es angesichts unserer exzellenten Trinkwasserqualität genau umgekehrt.“

Gefährliches Weihwasser

Das untersuchte Weihwasser war durchwegs extrem bakteriell belastet. „In einem tausendstel Liter wurden bis zu 62 Millionen kultivierbare Bakterien gefunden“, sagte Kirschner. Auch Fäkalbakterien - etwa durch mangelnde Hygiene nach dem Toiletten-Besuch - wurden nachgewiesen. „Je frequentierter die Kirche, desto mehr Bakterien. Das könnte vor allem in Spitälern ein bis dato unbeachtetes Problem darstellen, da hier viele Personen mit geschwächtem Immunsystem sind“, so der MedUni Wien-Experte. Während die Untersuchung der heiligen Quellen weltweit erstmals vorgenommen worden sei, gebe es für Weihwasser drei frühere Studien, eine davon von spanischen Forschern in Sevilla. „Die Ergebnisse sind sehr ähnlich“, sagte Kirschner.

Doch was kan man tun, um die vermeintliche Kraft der "heiligen" Quellen weiterhin zu nutzen? Ideen und Lösungsansätze für eine hygienischere Nutzung auch von Weihwasser gibt es: So hat ein italienischer Priester vor einigen Jahren einen Weihwasser-Spender erfunden, der tropfenweise Wasser gibt. Frühere Studien haben gezeigt, dass ein höherer Salzgehalt (empfohlen werden 20 Prozent) die Vermehrung der Bakterien stoppt. Als zuverlässiges Desinfektionsverfahren kann die Salzzugabe nicht angesehen werden, erklärte Kirschner. Der Mikrobiologe rät vielmehr zum rechtzeitigen Austausch des Weihwassers in den Kirchen, das ausschließlich in der Osternacht gesegnet wird.

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