Viel Lärm um den Lärm

Sie sitzen gemütlich bei einem Bier und unterhalten sich. Plötzlich gibt es einen lauten Knall. Und gleich den nächsten. "Wieder so ein Wahnsinniger und das auch noch am Sonntag", sagt einer aus der Runde. Der "Wahnsinnige" ist ein Mitglied des Schützenvereins SSV Sponheim, der im Klagenfurter Stadtteil Viktring einen Schießplatz betreibt. Dieser Schießplatz hat sich den Unwillen der Anrainer zugezogen.
Josef Scherrer ist einer von ihnen. "Vor zwei Jahren sind wir mit großer Begeisterung von Linz nach Klagenfurt gezogen, mein kleines Ingenieurbüro habe ich ebenfalls nach Klagenfurt verlegt", sagt er zum KURIER. "In Viktring haben wir eine Wohnung gefunden, in absoluter Ruhelage, hat es geheißen. Doch davon kann keine Rede sein." Denn die Ruhe werde immer wieder von "nervigem Schießlärm" von Großkaliberwaffen zerrissen.
Auch Franz Ahm, Harald Raffer und anderen Anrainern ist dieser Lärm ein Dorn im Auge. Sie haben sich deshalb zu einer Interessengemeinschaft zusammen geschlossen, um gemeinsam gegen den Schießlärm aufzutreten. "Es geht uns nicht darum, jemandem sein Hobby zu vergällen", sagt Scherrer. "Aber ein Open-air-Schießplatz mitten in einem behördlich ausgewiesenen Landschaftsschutz- und Naherholungsgebiet darf doch eigentlich nicht sein."
Die Anlage befindet sich nahe dem Treimischer Teich. Es handelt sich um einen mit Asbestplatten abgedeckten Unterstand, von dem aus auf eine Arena-förmige Felswand gefeuert wird, die den Lärm in Richtung Wohnsiedlungen transportiert.
Blei im Boden
"Zeitweise glaubt man, sich mitten in einem Kriegsgebiet zu befinden", sagt Scherrer. Doch es nicht allein der Lärm, der den Anrainern sauer aufstößt. Im Zielbereich am Fuß der Felswand türmen sich seit 40 Jahren Bleiprojektile, im Abschussbereich liegen Tausende leere Patronenhülsen, der Asbest beginnt sich langsam zu zersetzen. Aber nur 70 Meter entfernt befindet sich eine Quelle. Scherrer und seine Mitstreiter haben alles versucht, um mit dem Schützenverein zu einer gütlichen Lösung zu kommen. Der Magistrat Klagenfurt und auch die Volksanwaltschaft wurden eingeschaltet. "Aber es ist nicht heraus gekommen", sagen sie deprimiert. "Wir werden wohl bis zur EU gehen müssen."
Beim SSV Sponheim pocht man offensichtlich auf das "Recht des Älteren". "Wir haben am 26. Juni 1970 von der damaligen Gemeinde Viktring die Errichtung einer Schießstätte für Armbrust- und Faustfeuerwaffen bewilligt bekommen", sagt Obmann Heimo Machné zum KURIER. Dass sich diese im Landschandschaftsschutzgebiet befinde, bestreitet er. "Wir haben 2004 freiwillig die Schießzeiten eingeschränkt." So werde jetzt nicht mehr an Sonn- und Feiertagen geschossen. "Wenn es einer dennoch macht, gibt es interne Konsequenzen."
Für einen Kompromiss oder gar ein Entgegenkommen sieht Machné keinen Grund: "Erstens gibt es keine Anrainer, sondern nur Beschwerdeführer, deren Anführer ein Zugereister ist. Zweitens sind sie zu keinerlei Zugeständnissen bereit." Ausschließlich im Winterquartier zu schießen, komme überhaupt nicht in Frage: "Für die Erhaltung der Schießstätte haben 1524 Personen unterschrieben, auch viele Viktringer."
Machbar wäre für den Verein eine Einhausung. Dieser wiederum ist für Klagenfurts Umwelt-Stadträtin Andrea Wulz (Grüne) keine Lösung. "Eine Verlegung der Schießstätte wäre das Beste", sagt sie. Denn Allgemeinwohl müsse Vorrang gegenüber dem Freizeitvergnügen Einzelner haben. Als Sofortmaßnahme fordert sie Lärmmessungen und eine Einschränkung der Schießzeiten, die derzeit "mehr als großzügig und wenig anrainerfreundlich" seien.
Für die Politikerin ist es zudem ein Rätsel, wie die Anlage mitten im Schutzgebiet überhaupt bewilligt werden konnte. Das Skurrile daran: Weder im Magistrat noch beim Klub ist der Bescheid von 1970 auffindbar. Daher wird es wohl noch weiter viel Lärm um den Lärm geben.
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