Vertrauen auf die "weiße Weste"

Ein Finger drückt eine blaue Taste mit einem weißen Justizhammersymbol auf einer Computertastatur.
Die "Sexualstraftäterdatei" wird seit der Einführung im ehrenamtlichen Bereich kaum genutzt.

Ein verurteilter Pädophiler, der am Jugendamt in Hallein unbemerkt als Sozialpädagoge arbeiten konnte. Ein Bäcker aus dem Innviertel, der in seiner Heimatgemeinde "Grabschi" genannt wurde, und trotz seines Rufs jahrelang eine Jugend-Fußballmannschaft trainieren durfte. Wegen sexuellen Missbrauchs an drei Mädchen wurde der 62-Jährige kürzlich zu drei Jahren Haft verurteilt, eines davon unbedingt.

Fälle wie diese haben den Magistrat der Stadt Salzburg veranlasst, sich künftig genauer anzuschauen, wer in ihre Kindergärten kommt. Sie überprüfen nicht nur Angestellte, sondern auch ehrenamtliche Helfer wie z.B. Leseopas und Sportvereine (der KURIER berichtete).

Möglich macht das eine Gesetzesnovelle, die mit Jänner 2014 in Kraft getreten ist. Demnach dürfen Kinder- und Jugendeinrichtungen zusätzlich zum Leumundszeugnis einen Auszug aus dem erweiterten Strafregister verlangen – die so genannte "Sexualstraftäterdatei". Darin sind etwa auch Berufsverbote, die Richter bei einer Verurteilung gegen die "sexuelle Integrität" verhängen, aufgelistet. Im Klartext: Wer mit Kindern zu tun hat, sollte nachweisen können, dass er eine weiße Weste hat.

"Im Ort kennt man sich"

Diese Möglichkeit dürfte sich in Österreich noch nicht herumgesprochen haben. Auf KURIER-Anfrage zeigten sich die meisten Sportvereine und Jugendorganisationen ahnungslos.

Bernd Frey, Geschäftsführer der Salzburger Sportunion mit mehr als 70.000 Mitgliedern, ist skeptisch. "Die Frage ist, ob das nicht eine Pauschalverurteilung wäre. Es ist so schon schwer, Ehrenamtliche zu finden. Da sollte man es ihnen nicht noch komplizierter machen." Aktuell müssten Jugendtrainer weder ein Leumunds- noch ein erweitertes Zeugnis vorlegen.

Bei der Salzburger Landesfeuerwehr winkt man ab. "In den Gemeinden kennt man sich", sagt Jugendreferent Manfred Eibl. "Die Ausbilder werden vom örtlichen Kommandanten empfohlen, und das sind angesehene Leute. Einer, der jeden Tag im Wirtshaus sitzt, kommt für diese Funktion nicht infrage."

Josef Geisler, Präsident des Tiroler Fußballverbands, sagt hingegen: "Im Zuge der Trainerausbildung verlangen wir einen tadellosen Leumund." Es sei schon seit Jahren gängige Praxis, dass angehende Trainer eine Strafregisterbescheinigung vorlegen müssen. Geisler ist im Zivilberuf Strafrichter am Landesgericht Innsbruck und meint: "Mit meinem geschulten Auge erkenne ich anhand der aufgeführten Paragrafen, ob derjenige eine Sexualstraftat begangen hat." Ob es auch denkbar wäre, künftig zusätzlich einen Auszug aus der Sexualstraftäterdatei zu fordern, werde man sich ansehen, so Geisler.

Präventive Kontrolle

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, heißt es bei den Kärntner Pfadfindern. "Seit dem Inkrafttreten dieses Jugendschutzgesetzes fällt es uns leichter, zukünftige Kollegen einer genauen Überprüfung zu unterziehen. Es ist eine Vorsichtsmaßnahme", sagt die Villacher Bereichsleiterin Christiane Moser-Becker. Auch Rolanda Honsig-Erlenburg von der Kontaktstelle für Kinder- und Jugendschutz der Katholischen Kirche, nutzt diese Möglichkeit.

Ihr geht die präventive Kontrolle aber nicht weit genug: "Es ist nur eine scheinbare Sicherheit, denn ob bei den Personen laufende Verfahren anhängig sind, ist ja nach wie vor nicht überprüfbar."

In den Grazer und Linzer Kindergärten gilt: Betriebsfremde Personen werden mit den Kindern nie alleine gelassen, daher sei keinerlei Strafregisterbescheinigung notwendig. Sehr wohl aber bei den Hauptamtlichen, so wie in ganz Österreich.

Die Salzburger Jugendämter haben Ende Oktober übrigens alle betroffenen Organisationen über die neue Gesetzeslage informiert. Ob sie das Instrument in Anspruch nehmen, ist ihnen überlassen.

Leumund im Detail

Gesetzeslage

Seit 1. Jänner 2014 gibt es zusätzlich zum üblichen Leumundszeugnis eine „Strafregisterbescheinigung Kinder- und Jugendfürsorge“. Sie kann verlangt werden, wenn sich eine Person für eine berufliche oder organisiert ehrenamtliche Tätigkeit bewirbt, bei der es regelmäßig zum Kontakt mit Kindern kommt. Beantragt wird der Auszug beim Magistrat, den Gemeinden oder bei der Landespolizeidirektion. Die Kosten betragen 28,60 Euro.

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