VCÖ: Öffi-Knappheit in Bezirkshauptstädten

Ein roter Railjet-Zug fährt durch eine grüne Landschaft.
Gerade in den ländlichen Regionen sind die Bewohner stark vom Auto abhängig, so der Verkehrsclub Österreich.

Keine Bahnverbindung, nur drei Buslinien mit insgesamt vier Haltestellen: Die burgenländische Bezirkshauptstadt Rust führt die Liste der am schlechtesten öffentlich erreichbaren Bezirkshauptstädte Österreichs mit klarem Vorsprung an. Es folgen Güssing, Waidhofen a. d. Thaya und Oberpullendorf. „Jede dritte Bezirkshauptstadt ist mit der Bahn schlecht erreichbar, nur jede vierte profitiert von vielen Buslinien“, erklärte Markus Ganstere vom VCÖ am Donnerstag bei einer Pressekonferenz.

Burgenland besonders betroffen

Die Studie des Verkehrsclubs Österreich analysierte alle Bezirkshauptstädte mit unter 60.000 Einwohnern. Von 76 Städten weisen sechs überhaupt keine Bahnverbindung auf, weitere zehn kommen auf unter 30 Bahnverbindungen pro Tag. Besonders betroffen ist das Burgenland: Von 18 als besonders schlecht erreichbar eingestuften Bezirkshauptstädten liegen fünf im Burgenland. Nur in Vorarlberg sind alle Bezirkshauptstädte gut erreichbar.

Ähnlich sieht das Bild bei Buslinien aus: Sieben Bezirkshauptstädte verfügen über weniger als fünf Buslinien, nur jede vierte ist mit über zwanzig Linien gut erreichbar. „Um die Versorgung mit öffentlichem Verkehr ist es schlecht bestellt“, fasste Christian Gratzer vom VCÖ zusammen.

Zersiedelung

In Kombination mit der zunehmenden Zersiedelung betrifft das vor allem ältere Menschen, die nicht mehr Auto fahren wollen oder können, sowie Jugendliche. „Nahversorger sterben aus, häufig werden Supermärkte oder Fachmarktzentren ohne öffentliche Anbindung an den Stadtrand gebaut“, meinte Gratzer. Das führe zu langen Wegstrecken und damit einer starken Auto-Abhängigkeit der ländlichen Bevölkerung.

Das zeigt sich auch in der Pkw-Dichte der einzelnen Bezirke: „Zwischen den Bezirken gibt es große Unterschiede. In Waidhofen a. d. Thaya gibt es 678 Autos pro 1.000 Einwohner, im Österreichschnitt sind es nur 543“, schilderte Gansterer. Je ländlicher und dünn besiedelter ein Bezirk sei, desto mehr Autos fänden sich dort. Vor allem Burgenland und Kärnten würden zu den übermotorisierten Bundesländern zählen, während es in Vorarlberg und Tirol unterdurchschnittlich viele Autos gebe.

Zu der hohen Autodichte trage auch der Trend zum Zweit- oder Drittwagen bei. In der Steiermark und in Kärnten besitzt mehr als ein Drittel aller Haushalte mehr als einen PKW. „Meistens wird dann aber gar nicht so viel mit dem Zweitwagen gefahren, die Fixkosten für die Stehzeuge bleiben aber“, meinte Gansterer. Mobilitätsarmut habe also zwei Aspekte: Einerseits mangelnde Verkehrsalternativen, andererseits die hohe finanzielle Belastung.

Reformen gefordert

Daher forderten die Experten des VCÖ eine grundlegende Reform der ländlichen Raumordnung sowie die Kooperation von Ländern und Gemeinden, um der Zersiedelung Einhalt zu gebieten. „Zusätzlich muss das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln massiv ausgeweitet und die Qualität weiter gesteigert werden“, sagte Gansterer. Eine Modernisierung der Regionalbahnen, Vertaktung und Lückenschlüsse mittels Mikro-Verkehr wie Sammeltaxis seien dringend notwendig; von der Bundesregierung wünsche man sich endlich einen „Masterplan“ regionale Mobilität.

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