Über 300 Akten nicht bearbeitet: Freispruch

Ein hölzernes Rednerpult mit Mikrofonen und einem Stuhl im Hintergrund.
Verfahren bereits zum zweiten Mal durchgeführt. Freispruch noch nicht rechtskräftig.

Weil sie die "Aktenflut" nicht mehr bewältigen konnte, sperrte eine Strafreferentin bei der Grazer Polizei die Unterlagen in einen Kasten und ließ sie dort liegen. Zum Teil jahrelang, bis die Papierberge dann doch gefunden wurden. Wegen Amtsmissbrauchs musste sich die Frau am Dienstag vor Gericht verantworten. Am Abend endete der Prozess schließlich mit einem Freispruch. Die Angeklagte, die sich nicht schuldig fühlte, wurde bereits vor zwei Jahren bedingt verurteilt, wegen einer Nichtigkeitsbeschwerde musste das Verfahren nun wiederholt werden.

Der Freispruch ist noch nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgegeben hat.

Die 58-jährige Referentin wurde vor zwei Jahren nicht rechtskräftig zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt. Doch weil die 333 Akten nicht differenziert betrachtet, sondern als ein einziger Tatbestand angesehen worden waren, wurde der Nichtigkeitsbeschwerde stattgegeben. Die Staatsanwaltschaft hat nun rund 120 Akten herausgenommen, und zwar jene, bei denen kein Schaden entstanden ist, weil das Verfahren sowieso eingestellt worden wäre. Bei der Anklage wegen Amtsmissbrauchs blieb es aber, weil die Beamtin "Kontrollmechanismen bewusst umgangen ist und in Listen die Akten falsch eingetragen hat, um ihre Tat zu verschleiern", prangerte die Staatsanwältin an.

Permanente Überlastung

Ganz anders sah das die Beschuldigte, die nach eigenen Angaben rund 250 neue Akten pro Monat dazubekommen und sich permanent überlastet gefühlt hat. "Es gab keine Urlaubsvertretung, sondern es ist alles liegen geblieben", schilderte sie. Ihr Verteidiger meinte, dass hier sowieso kein Amtsmissbrauch gegeben sei, sondern das Ganze allenfalls ein Fall für die Dienstaufsicht sei. Die Anklage beziffert den Schaden für den Staat allerdings mit rund 18.000 Euro, weil Strafverfügungen nicht verfolgt wurden und das Geld dadurch ausgeblieben war. "Es gibt keine Fristenlisten, nur alle heiligen Zeiten einen Rückstandsausweis, man kann das nicht dem untersten Glied der Kette in die Schuhe schieben", so der Anwalt, der sich überzeugt zeigte: "Aufgrund der Menge der Akten wird ein gewisser Ausfall toleriert."

Für den Nachmittag wurden die ersten Zeugen geladen. Eine Vertagung gilt zu Mittag als wahrscheinlich.

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